12. Kapitel - --
Draco kniete zwischen zwei Blumenbeeten und machte sich daran, das Unkraut zwischen den Narzissen auszureißen. Die ganze Sache mit den Hauselfen war ja schön und gut, aber Wesen, die Trockentücher für angemessene Kleidung hielten, kamen nur über seine Leiche auch nur auf zehn Schritte für irgendetwas anderes, als entgnomen an seine Beete heran. Da er in letzter Zeit allerdings eher weniger Zeit gefunden hatte, sich um diese zu kümmern, sahen sie auch dementsprechend aus: überwuchert. Er seufzte und widmete sich wieder dem besonders widerspenstigen Unkraut vor ihm. Unter diesen Umständen sollte er sich wohl besser ranhalten, wenn er bis heute Abend fertig werden wollte und Gartenarbeit wirkte bei ihm trotz allem ja nach, wie vor auf eine abstruse Weise beruhigend. Da hatte man ausnahmsweise einmal Zeit nachzudenken, ohne gleich darauf achten zu müssen, nicht untätig in die Leere zu starren und vom Rest der Welt als verrückt abgestempelt zu werden. Nicht, dass es ihn wirklich interessierte, was der Rest der Welt so gemeinhin über ihn dachte, aber trotzdem... Er wischte sich etwas Erde aus dem Gesicht. Immer wieder interessant, wo das Zeug hinkam, ohne dass man sich erklären konnte, wie es das geschafft hatte. Mysteriöser, sich selbst aus dem Nichts materialisierender Dreck, huh? Er kicherte leise in sich hinein, verstummte allerdings, als ein paar schwarze Schuhe in sein Blickfeld traten. Und weiter auf ihn zu. Weiter, weiter und immer weiter... „Wenn du noch einen Schritt weiter gehst, wirst du ohne den“ Draco deutete mit einer kleinen Schaufel auf den Fuß, der gerade noch so eben vor und nicht in dem Beet stand „wieder gehen müssen.“ Blaise schaute ihn höchst amüsiert an, blieb allerdings stehen. Scheinbar lag ihm ja doch was an seinem Leben oder, weniger dramatisch ausgedrückt, an seinem Fuß... „Du bist dir aber schon im Klaren darüber, dass du mit deinem Grünzeug leicht pingelig bist, oder? Würdest du auch nur halb so viel Sorgfalt beim Rest deiner Sachen an den Tag legen, hätten deine Hauselfen nichts mehr zu tun.“ Draco schnaubte nur abfällig und stand auf – die Gartengeräte konnten die Hauselfen wegräumen, da war es ihnen ausnahmsweise sogar erlaubt, sich den Blumen zu näher. „Welchem Umstand verdanke ich denn diese ...Ehre?“ Den Ton schlichtweg ignorierend schlenderte Blaise ein paar Meter weiter und begutachtetet einen Rosenstrauch, um den grünlich leuchtende Feen schwirrten und sich gegenseitig mit Erde bewarfen. „Genau genommen wollte ich dir nur ein bisschen seelischen Beistand leisten. Wie es der Zufall so will, habe ich heute nämlich zufällig gehört, wie Mrs. Wrenevel in der Winkelgasse so ungefähr ihrem kompletten Bekanntenkreis und auch sonst jedem, der gerade in Hörweite vorbei gekommen ist, verkündet hat, wie sie gestern, als sie mit ihrer Tochter bei deinen Eltern eingeladen war gar nicht umhin konnte zu bemerken, wie angetan du von Idris warst.“ Er grinste Draco an. „Als ich weitergegangen bin, war sie gerade so weit zu überlegen, welche Vornamen für ein Enkelkind mit dem Namen ‚Malfoy’ in Frage kommen würden.“ Blaise kicherte in sich hinein, als er höchst interessiert beobachtete, wie Draco die Gesichtszüge entglitten. Diese alte, tratschsüchtige und vor allem weltfremde Sabberhexe... Draco verzog den Mund. Der Umstand, dass sein sogenannter ‚Freund’ nicht so aussah, als würde er in näherer Zukunft aufhören, leise in sich hinein zu lachen, machte die ganze Sache allerdings auch nicht gerade besser. Er hatte ja auch gut reden, immerhin war seine Mutter auch zu beschäftigt damit, sich selbst einen neuen, noch jüngeren Zauberer zu angeln, um sich auch noch um sein Liebesleben zu kümmern. Nicht einmal Theo musste so etwas über sich ergehen lassen. Nun gut, ihm konnte er das nicht wirklich nachtragen, weil seine Mutter schon gestorben war, als er noch klein war, aber Blaise hatte einfach nur ein ganzes Stück zu unverschämtes Glück. In Anbetracht seiner guten Kinderstube verkniff er sich allerdings im letzten Moment doch noch die Verwünschungen; zumindest gegenüber den anwesenden Personen. „Habe ich schon einmal erwähnt, wie absolut nervtötend ich diese Frau finde? Vor allem wenn man bedenkt, dass ich, kurz bevor ich gestern Abend flüchten konnte, noch nicht einmal wusste, wie das Mädchen eigentlich heißt.“ Diese Antwort brachte ihm einen doch recht ungläubigen Blick von seinem Freund ein. „Idris Wrenevel? Ein Jahr unter uns? Die Vertrauensschülerin mit der du in der fünften Klasse fast ein Vierteljahr Patrouille gelaufen bist?!“ Ach jaaa, bei genauerem Nachdenken konnte er sich da wirklich vage an etwas erinnern... „Als ob ich mich an jedes Mädchen erinnern könnte, mit dem ich irgendwann einmal in Hogwarts etwas zu tun hatte.“ Blaise schüttelte nur noch einmal ungläubig den Kopf – er schaffte es ja irgendwie auch, sich nicht nur an den Namen jedes halbwegs gutaussehenden Mädchens zu erinnern, das ihm jemals über den Weg gelaufen war, bei ihm hatte man manchmal eher das Gefühl, er würde regelrecht mentale Akten zu ihnen anlegen - und schaute ihn schließlich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Und?“ Sein Gegenüber schaute ihn nur verständnislos aus grauen Augen an. „Was ‚und’ ?“ Nachdem er sich kurz mit einem abschätzenden Blick davon vergewissert hatte, dass Draco sich nicht nur dumm stellte, sondern tatsächlich keine Ahnung hatte, beschloss Blaise noch einmal gütig gegenüber den Blauäugigen unter den Anwesenden – sprich Draco - zu sein und seinen Punkt auszuführen. „Ganz einfach, sie ist weder dumm, noch hässlich und hat sozusagen als Dreingabe nicht einmal blond gefärbte Haare, also was hältst du von ihr?“ Draco musste erst einmal ein paar Mal blinzeln, bevor er sich auch wirklich sicher war, dass die Frage auch richtig verstanden hatte. „Idris? ...Huh, ziemlich hübsch, ziemlich intelligent, aber eigentlich eher ...nichts.“ Blaise wandte sich nun endgültig von den zankenden Feen ab und Draco bekam die Gelegenheit ein sehr ungutes Gefühl angesichts dessen Lächelns zu bekommen. „Ach ja. Darf man dann einmal fragen, wie sie heißt?“ Dieses Mal zog Draco es bewusst vor, die Frage nicht zu verstehen. „Weißt du Blaise, du würdest weitaus befriedigendere Antworten bekommen, würdest du dich nicht so unverständlich ausdrücken.“ Blaise schaute ihn nur verärgert an und trat, die Hände in die Hüfte gestemmt einen Schritt näher auf ihn zu. „Du hast mich schon verstanden. Wie heißt sie und warum weiß ich noch nichts von ihr?“ Draco spielte einen Moment lang tatsächlich mit dem Gedanken, es ihm zu erzählen, aber auch nur einen Moment, nämlich genau so lange, wie er brauchte um sich daran zu erinnern, bei wem Blaise in letzter Zeit jede freie Minute rumgehangen war. Es war wohl nicht wirklich in seinem Interesse, wenn Blaise Daphne gleich alles brühwarm erzählte, also schüttelte er noch einmal möglichst unschuldig dreinschauend – so unschuldig, wie ein Slytherin und Ex-Todesser eben sein konnte - den Kopf. „Du siehst so langsam wirklich Gespenster.“ Blaise zog die Augenbrauen hoch und bedachte ihn mit einem Blick, der ziemlich klar machte, dass er nicht auch nur ansatzweise überzeugt war, klopfte dann allerdings resigniert gegen seine Wange. „Draco, du hast dir da Erde hingeschmiert.“ *+* Es war acht Uhr, Blaise war weg und würde, wie er durch hoffentlich beiläufige Fragen erfahren hatte, heute auch zu Hause bleiben, was die Möglichkeit, dass er ihm im ungünstigsten Moment über den Weg lief, Merlin sei Dank, ausschloss und er apparierte gerade nervöser, als ihm lieb gewesen wäre, auf das Anwesen der Mulcibers. Sein Plan wies zwar mehr, als nur ein paar Schwachstellen auf, aber der Umstand, dass er überhaupt so etwas ähnliches, wie einen Plan hatte steigerte seine Laune erheblich. Das und der Umstand, dass er Pansys - wie sie beschwor fehlerfreien - Zeitplan nach, Astoria sehen würde. Und wenn er sie gefunden hatte... Nun, er würde sich ja zu gerne selbst versichern, dass er die Sache dann durchziehen und ihr alles sagen würde, aber er kannte sich selbst zu gut, um wirklich daran zu glauben. Tief, oder auch nicht so tief, in seinem Inneren war er eben doch ein Feigling. Dennoch konnte er nicht umhin leicht zu lächeln, als er auf die Menge zuging, die langsam in die ausladende Villa strömte. „Draco?“ Er drehte sich langsam in die Richtung um, aus der er seinen Namen gehört hatte. Ein resigniertes Seufzen gerade noch unterdrückend, gab er sich alle Mühe nicht allzu entnervt zu wirken, als er sein Gegenüber erkannte. Idris Wrenevel stand lächelnd in einem dunkelblauen Kleid vor ihm, das seiner Trägerin nicht gerade Schande machte. Trotz dem zugegebenermaßen sehr netten Kleid konnte Draco seiner guten Kinderstube gerade noch ein „Guten Abend, schönes Wetter, oder?“ abringen, bevor er sich an ihr vorbei schob. Leider hatte er die Rechnung nicht mit der jungen Hexe gemacht, die scheinbar nicht vorhatte, in näherer Zukunft locker zu lassen. „Das Wetter ist ganz in Ordnung – für Schottland zumindest. Der Nebel ist nicht feucht genug, um als Sprühregen gewertet zu werden.“ Sie grinste zynisch und warf ihre langen dunklen Haare zurück. Draco beschleunigte Schritte in der Hoffnung, sie so loszuwerden noch etwas. „Ja, es geht schon...“ Wie konnte er sich hier davon machen, ohne allzu unhöflich zu wirken...? „Und, was machen Sie hier?“ Das Mädchen sollte doch so langsam wirklich merken, dass es hier nicht erwünscht war. Er zuckte unbestimmt mit den Schultern. „Verkettung von Umständen. Ich suche jemanden, also auf Wiedersehen, Miss Wrenevel.“ Selbst von solch einem Wink mit dem Zaunpfahl ließ sich Idris eher wenig beeindrucken. „Bis später, Mr. Malfoy. -Und nennen sie mich ruhig Idris.“ Draco nickte nur knapp – den Teufel würde er tun! - und schlängelte sich zwischen zwei alten Hexen hindurch, bevor die Dunkelhaarige ihn noch einmal aufhalten konnte. Seine Aufmerksamkeit wurde nach dieser eher ungewollten Unterhaltung dafür allerdings nur umso mehr beansprucht, als er in der Eingangshalle eine ihm nur zu bekannte Gestalt sah. Sich nervös eine Strähne hinters Ohr steckend machte sich Draco auf den Weg zu ihr herüber.