13. Kapitel + Interlude - --
Astoria unterhielt sich mit einer älteren Dame – beziehungsweise sie gab sich Mühe, nicht zu auffällig hinter vorgehaltener Hand zu gähnen, während die Frau enthusiastisch auf sie einredete, die er bei genauerer Betrachtung als Mrs. Dorcas Prince identifizieren konnte. Angesichts der sehr viel erbaulicheren Sicht Astorias hielt er sich allerdings nicht allzu lange bei letzteren auf, also würde er nichts beschwören wollen. Astoria hatte ihre Haare, im Gegensatz zu den meisten bisherigen Gelegenheiten, an denen Draco sich mehr oder – vor allem bei denen neueren Datums - minder vage erinnern konnte, sie gesehen zu haben und an denen sie ihre Haare einfach nur lang ihren Rücken hatte hinab fallen gelassen hatte, kompliziert hochgesteckt und ihr Kleid... Nun, es war zwar weitaus dezenter, als das einer gewissen anderen, weitaus nervigeren Person, aber Draco konnte nicht umhin das blasgraue Kleid dessen Trägerin er momentan hoffentlich wenigstens halbwegs subtil beobachtete, eindeutig vorzuziehen. Draco schüttelte leicht den Kopf. Es brachte nichts, hier noch länger rumzustehen, also sollte er es am besten schnellst möglich hinter sich bringen... Mit ein paar langen Schritten trat Draco zu den Beiden. „Mrs. Prince, Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich Ihnen Miss Greengrass hier entführe, oder?“ Die Angesprochene schaute mit geschürzten Lippen von Draco zu Astoria, die versuchte ihre Erleichterung angesichts der Hoffnung, in näherer Zukunft von eben dieser wegzukommen, nicht zu erleichtert zu wirken. Ihr Erfolg war eher mäßig, aber das wissende Lächeln, dass über die Lippen Mrs. Prince’ huschte, ließ doch recht klar erkennen, dass diese nur zu willig verschwinden würde – je schneller sie die Beiden alleine ließ, desto schneller konnte sie ihre Sicht der Dinge immerhin unter ihren Freundinnen verbreiten. „Natürlich nicht. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend Kinder.“ Sie zwinkerte ihnen zu und Draco konnte nicht umhin mit den Augen zu rollen, als die alte Frau in einer Wolke aus rosa Tüll und zweifellos gefärbten rotblonden Locken in der Menge verschwand, ein Lächeln auf den Lippen, das so süß war, dass Draco nicht bezweifelte, dass er eine großzügige Dosis Insulin gebraucht hätte, hätte er es auch nur noch eine Sekunde länger ertragen müssen. Astoria brach die Stille. „Das war... merkwürdig.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Wie auch immer, danke für deine großmütige Rettung. Das hätte sich sonst wohl ewig hingezogen. Ich kann mir allerdings so ungefähr vorstellen, was sie da drüben gerade zum Besten gibt.“ Mit einem Blick zu der mittlerweile sehr animiert mit einer anderen Frau tuschelnden Mrs. Prince konnte Draco das allerdings auch nur zu gut. Komischerweise konnte er sich dann aber doch nicht dazu bringen, sich davon auch nur im Geringsten stören zu lassen. „Immer wieder gerne. Wie bist du denn zu diesem zweifelhaften Glück gekommen?“ Sie verzog den Mund. „Sagen wir es einmal so: Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. In diesem Fall also direkt in Blickrichtung hier in der Eingangshalle, als sie gekommen ist.“ Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „So einfach kann es gehen, aber da ich ja so selbstlos gerettet worden bin, hat es sich ja fast wieder gelohnt.“ Draco lachte leise in sich hinein. „Schön, dass du das so siehst.“ Er schaute sich in der Halle um, in der mit der zunehmenden Menschenmenge auch der Lärmpegel rapide stieg und blieb bei einer Gruppe Mädchen hängen, die sich ein paar Meter weiter halb kichernd, halb kreischend über einen Jungen ausließen, der so aussah, als würde er sich ernsthaft fragen, was er verbrochen hatte, um diese Situation zu verdienen. Waren die nicht sowieso zu jung, um hier herumzugeistern? Viel älter, als 13, 14 konnten sie nicht sein... Er wandte sich an Astoria. „Was hältst du davon, wenn wir dieses Gespräch nach draußen verlegen? Ich glaube, wenn das hier noch lange so weitergeht, laufe ich Gefahr, einen Hörsturz zu bekommen.“ Astoria grinste, während sie die Terrassentür ansteuerte. „Nachdem du mich eben gerettet hast kann ich das ja unmöglich zulassen. Wenn ich schon die Jungfrau in Nöten spiele, dann aber auch richtig.“ Draco lächelte in sich hinein, während er ihr hinterher nach draußen trat. Darauf schien es komischerweise immer hinauszulaufen: Kaum war er bei ihr, schon ging es ihm bedeutend besser. Er unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte entschieden mehr Einfluss auf ihn, als ihm lieb gewesen wäre. Der Garten der Montagues war... groß und hatte eigentlich mehr mit einem ausgedehnten Park gemein. Vor allem der mittelgroße See in seiner Mitte untergrub das Bild eines Gartens doch relativ gründlich. Stumm ging er neben Astoria, die mittlerweile unruhig mit einem Ring spielte, am See entlang. Sie war doch nicht etwa nervös...? Er war nervös, so viel stand fest, aber das war ja auch etwas vollkommen anderes... Dem Armbandgefuchtel scheinbar müde blieb Astoria schließlich stehen und schaute auf den See hinaus. „Ich dachte eigentlich immer, du würdest nicht gerne auf solche Veranstaltungen gehen“, murmelte sie leise. Draco schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen im Halbdunkel an. „Tue ich auch nicht“, antwortete er leise „aber ich dachte mir, dass du hier sein würdest.“ Ein Lächeln umspielte ihren Mund, als sie sich umdrehte und zu ihm hoch schaute. „Und ich habe mich schon gewundert, dass es das Schicksal in letzter Zeit so gut mit mir meint...“ Als sie ihn anlächelte, war wohl der Moment, indem er endgültig befand, dass sich der ganze Ärger mit Pansy gelohnt hatte – er sollte sich bei Gelegenheit wirklich noch einmal bei ihr bedanken. Er schaute zu ihr hinunter. ‚Jetzt oder nie’; das war wohl eine der Situationen, in denen der Spruch passte, wie Fluch in den Rücken* Aber er konnte ihre Reaktion auf - na ja, auf alles doch bald nicht mehr falsch verstanden ha- Draco strich sich angespannt eine Strähne aus der Stirn, bevor er den weisen Entschluss faste besser nicht mehr weiter darüber nachzudenken und sie küsste. Spätestens, als sie den Kuss erwiderte, gelang ihm das auch ziemlich gut. Selbst die leise Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn davon in Kenntnis setzen wollte, dass die ganze Situation ein wenig klischeehaft war, konnte er soweit ganz gut ignorieren. Er löste sich langsam von ihr. „Astoria, ich-„ „Draco!“ Draco drehte sich verwirrt in die Richtung, aus der der Ausruf gekommen war. Ihm bleib gerade noch Zeit überrascht nach Luft zu schnappen, als sich ihm der persönliche Fluch seiner Existenz an den Hals warf. Idris lächelte. „Ich habe gerade zufällig gesehen, wie du hier mehr oder weniger alleine“, sie warf Astoria einen abwertenden Blick zu „rumgestanden bist. Und da dachte ich mir: Ich komm doch einfach einmal vorbei.“ Draco starrte sie mit offenem Mund an. Wie konnte diese dreiste Person- „Ich glaube... ich werde besser gehen...“ Astoria wurde immer blasser, während sie zwischen den Beiden hin und herschaute. Langsam erwachte Draco aus seiner Starre. „Astoria, warte, es ist nicht...“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde...“ Astoria brach ab und drehte sich auf den Absätzen um. Das alles kam ihm so langsam wirklich, wie ein böser Traum vor... „Astoria!“ Er stieß Idris endgültig von sich weg. „Warte!“ Sie schaute sich nicht um, als sie immer schneller wurde und schließlich in der Menge vor dem Eingang verschwand. Draco drehte sich noch einmal zu Idris um, bevor er ihr hinterher rannte. „Wage es noch einmal auf 100 Schritt an mich heranzukommen und ich zeige dir, was man so alles lernt, wenn man so etwas trägt.“ Er schob seinen Ärmel etwas hoch und deutete kalt lächelnd auf den Rand einer schwarzen Tätowierung, bevor er los rannte. *Zauberer-Entsprechung von „wie Faust aufs Auge Interlude zu Kapitel 13 Interlude zu Kapitel 13: Astoria Astoria wischte sich über die Augen. Wahrscheinlich hatte sie ihre Wimperntusche mittlerweile gleichmäßig über ihr komplettes Gesicht verteilt, aber das war ihr momentan herzlich egal. Sie schniefte noch einmal, bevor sie aus dem Kamin stieg und mit ansah, wie die Flammen langsam von grün zu rot wechselten. Dabei hätte sie es ja eigentlich wissen sollen; bis heute hatte sie sogar gedacht, dass sie das täte. „Das hast du jetzt davon“, murmelte sie, während sie möglichst leise aus der Diele in die Eingangshalle trat. Das Letzte, was sie wollte, war jetzt Daphne über den Weg zu laufen, die vermutlich nicht eher locker lassen würde, bevor sie ihr die ganze demütigende Geschichte in all ihren Einzelheiten erzählt hatte. Mit einem niedergeschlagenen Lächeln durchschritt sie die Halle. Bei genauerem nachdenken stand an erster Stelle wohl doch Draco Malfoy je wieder begegnen zu müssen, aber Daphne stand zumindest momentan ziemlich weit oben auf der Liste. Seufzend legte sie eine Hand auf das Treppengeländer. Was der wohl schon die ganze Zeit über sie gedacht hatte? Wahrscheinlich die Wahrheit, nämlich dass sie einfach nur ein kleines naives Mädchen war, dass Hals über Kopf in ihn verliebt war. Sie konnte sich bildlich vorstellen, wie er und dieses Mädchen, das zu allem Überfluss auch noch aussah, wie frisch vom Cover der Witch’s Weekly, sich gerade köstlich über sie amüsierten. „Dumm. So Dumm.“ Tränen stiegen ihr wieder in die Augen. Sie war einfach nur so... „Tori?“ Astoria schloss die Augen, bevor sie sich zu ihrer Schwester umdrehte. Daphne hatte es gerade eben geschafft, Draco Malfoy seinen Platz auf ihrer Liste der Menschen, die sie unter keinen Umständen sehen wollte, fast schon wieder streitig zumachen. „Was willst du, Daphne?“ fragte sie resigniert und wie sie zugeben musste ein ganzes Stück schroffer, als angebracht. Diese verdrehte die Augen. „Ich habe gehört, wie du gekommen bist und-„ Sie stockte, als sie sich wieder zu ihrer Schwester wandte und sich schlussendlich die Mühe machte sie genauer anzusehen. „Tori? Was ist denn passiert?“ Astoria schüttelte den Kopf. „Nichts, das ich nicht hätte vorhersehen können, ich denke ich gehe in mein Zimmer.“ Daphne schien allerdings nicht die Nötigkeit zu sehen, sie alleine zu lassen und schloss zu ihr auf. „Tori, was bei Merlins Bart ist passiert?“ „Daphne, lass mich einfach nur in Ruhe.“ Astoria unterdrückte ein Schnauben, als sie um die Ecke bog und die nächste Treppe hinauf stieg, eine ziemlich aufgelöste Daphne zurück lassend. Wieso musste Daphne sie immer so behandeln, als würde sie jeden Moment zerbrechen? Weil sie sich immer noch dafür schuldig fühlte, als das ganze Chaos im Krieg angefangen hatte. Sie bemerkte erst, das sie wieder angefangen hatte zuweinen, als sie sich vor ihrer Zimmertür über die nassen Augen wischte. Eigentlich war es ja ziemlich ironisch, dass ausgerechnet Draco ihr geholfen hatte, zwischenzeitlich darüber hinweg zukommen... Leise vor sich hin weinend lehnte sie sich mit dem Rücken an ihr Bett. Bei genauerem nachdenken sah er ihr sogar ziemlich ähnlich. Er hatte zwar im Gegensatz zu ihr blonde und keine schwarzen Haare, aber in seinen Gesichtszügen erkannte man doch eine ganze Menge vom Black-Erbe. Komisch, dass ihr das nicht schon früher aufgefallen war... Sie war zwar selbst Schuld, aber es tat einfach so weh. „Astoria?“ Dia Angesprochene starrte ungläubig zur Tür. Das konnte doch nicht wahr sein, durfte nicht wahr sein...