Beitrag Slytherin - geschrieben von der Hausgemeinschaft Slytherins
Hol(l)y Night; mit dem Silvesterknall ins andere Jahrhundert Dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen, Silvester endlich mal wieder auszugehen. Um dieses Ereignis würdig festzuhalten, hatte ich mir sogar eine neue Spiegelreflexkamera zugelegt. Schon lange hatte ich nach einer >alten< Spiegelreflexkamera gesucht, denn mit meiner neuen Digitalkamera entstanden eher impressionistische Aufnahmen als gute Nachtbilder. Leider waren selbst die alten Modelle, die man so im Laden zu Gesicht bekam, sündhaft teuer. Und es war ja nicht nur eine Kostenfrage, dazu kam auch die Schlepperei der Ausrüstung. Das Stativ für wackelfreie Nachtaufnahmen, das Objektiv zum Wechseln und der schwere Blitz. Aber das war es mir wert. Nun freute ich mich auf den Abend. Das erste Mal seit langem würde ich auf eine Muggelparty gehen und mich nicht auf einer trockenen Veranstaltung in der Zauberwelt langweilen müssen. Voller Vorfreude stand ich vor dem Kleiderschrank und dachte über das passende Outfit nach. Zum Glück war es eine Motto-Party, daher fiel die Auswahl nicht so schwer. Ich blickte auf die Uhr und stellte erschrocken fest, dass mir nicht mehr wirklich viel Zeit blieb, bis die Party begann. Schnell kramte ich ein Kleid, das ich einst auf dem Weihnachtsball in Hogwarts angehabt hatte und welches perfekt zum Motto des Abends "Silvester im 19. Jahrhundert" passte, aus dem Schrank und rannte ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. Da meine bisherigen Erfahrungen mit Schminkzaubern höchstens für Halloween und keinesfalls für eine Silvesterparty taugten, schminkte ich mich schnell per Hand und formte meine Haare mit einem Wink meines Zauberstabs zu einem kunstvollen Knoten. Nach einem letzten Blick in den Spiegel war ich fertig zum Gehen. Ich schnappte meine Handtasche, versicherte mich rasch, dass ich alles eingepackt hatte und verließ meine Wohnung. Vor dem Haus angekommen, überlegte ich mir, wie ich hinkommen könnte und beschloss, eine ruhige Stelle zu suchen, um von dort zu apparieren. Auf diese Weise war ich schnell wie der Blitz am Ort des Geschehens. Auch meine beste Freundin, die ich in Hogwarts kennen gelernt hatte, war schon da und wartete am Eingang. Da Muggelkunde unser Lieblingsfach in Hogwarts gewesen war, hatten wir zu Forschungszwecken öfter Muggelpartys besucht, jedoch nie eine Silvesterparty. Es war stets etwas Aufregendes, sich unter Muggel zu mischen und zu sehen, welche Überraschung auf einen wartete, denn eines musste man ihnen lassen, sie waren sehr einfallsreich, was die Dekoration der Festräume betraf. Total auf die Dekoration gespannt, schritt ich neben meiner Freundin die breite Treppe hinunter und blieb plötzlich mit dem Absatz im Saum meines langen Kleides hängen. Voller Schreck stolperte ich und fiel, ohne Halt zu finden, weil ich meine Kamera schon erwartungsvoll in den Händen gehalten hatte, die steinerne Treppe hinunter. Und landete in den Armen eines gut aussehenden, jungen Mannes. Es waren seine strahlend blauen Augen, die mir völlig den Atem verschlugen. Schnell kam ich zu mir, schließlich hatte ich von Männern erst einmal die Nase voll und wollte nur einen lustigen Abend verbringen. Ich murmelte eine kurze Entschuldigung und ging zurück zu meiner Freundin, die entsetzt am Treppenabsatz stand. „Nichts passiert, alles in Ordnung", beruhigte ich sie und richtete mein leicht verrutschtes Kleid. Diesmal vorsichtiger, gingen wir gemeinsam die Stufen hinunter und bestaunten die tolle Dekoration. An den Wänden hingen schwere Samtvorhänge zwischen, extra für diesen Anlass aufgehängten, Wandleuchtern, die durch viele verschiedenfarbige Lampen den Raum in ein buntes Licht tauchten. Unzählige Kerzen standen auf zierlichen Tischen, flackerten, wann immer jemand daran vorbei lief. An der einen Wand standen alte Eichentische, welche mit Essen und Getränken überhäuft waren. Wenn man seine Blicke weiter durch den schön geschmückten Raum schweifen ließ, sah man an den Wänden einige Gemälde in prachtvollen Rahmen hängen, deren Portraits einen wahrlich ins 19. Jahrhundert zurückversetzten. Am besten gefielen mir persönlich allerdings die riesigen Kristalllüster an der Decke, welche mit unzähligen schwarzen Kerzen bestückt waren und den Raum von oben in ein unheimlich flackerndes Licht tauchten. Ich war überrascht, wie gut die Muggel die Atmosphäre einer vergangenen Ära eingefangen hatten und das alles ohne Magie. Deshalb zückte ich meine Kamera und fotografierte sowohl die Dekoration als auch die anderen Gäste im Raum. Danach schlenderte ich zu den Tischen und nahm mir ein Glas Punsch. Während ich mir einen Schluck genehmigte, hielt ich Ausschau nach meiner Freundin, die ich im Trubel aus den Augen verloren hatte. Doch da der Raum mit verkleideten Personen gefüllt war, stellte sich die Suche als schwierig heraus. Schließlich gab ich auf, denn wir konnten beide allein jede Menge Spaß haben und hätten uns so am nächsten Morgen eh mehr zu erzählen. Also stellte ich das mittlerweile leere Punschglas auf einen der Tische und mischte mich unter die anderen Gäste. Dort begegnete ich dem gutaussehenden Mann, der vorhin meinen Sturz aufgehalten hatte. Das stellte mich vor die Überlegung, ob ich den Abend alleine oder mit einem Fremden verbringen wollte. Weil ich ja sowieso niemanden außer meiner Freundin hier kannte, konnte ich mich genauso gut zu ihm gesellen, da er mich schon, wenn auch auf eine etwas seltsame Weise, kennen gelernt hatte, und außerdem musste ich meinen tollpatschigen Auftritt ausmerzen. Noch einmal tief Luft holend, strich ich mein Kleid glatt und wollte ihn gerade ansprechen, als er sich plötzlich umdrehte und mir direkt in die Augen sah. Ich konnte nicht sagen, was genau es war, irgendetwas in seinen Augen erschreckte mich, und so verzog ich mich blitzschnell in die Masse der Tanzenden, weg von ihm. Ich grübelte ein wenig, was mich an seinen Augen so irritiert hatte, gab es schließlich auf und beschloss, mich lieber zu amüsieren. In dem Moment machte jemand die Musikanlage an und es ertönte ein Instrumentalstück, gespielt von einem Klavier, einer Geige und einem Fagott. Zu meiner Überraschung schien mir der Fremde gefolgt zu sein, denn plötzlich hörte ich, wie er mich mit leiser, etwas heiserer Stimme zum Tanzen aufforderte. Langsam aber sicher war mir der Fremde nicht nur unheimlich, er wurde zunehmend lästig und deshalb versteckte ich mich vor ihm. Diesmal schien ich den Kerl endlich abgeschüttelt zu haben. Zur Sicherheit ging ich zurück auf die Tanzfläche und genoss die Anonymität. Das Tanzen zur wundervoll gespielten Muggelmusik hatte für mich eine entspannende Wirkung. Ich tanzte und tanzte und vergaß die Welt um mich herum. Als die Musik einen kurzen Moment pausierte, bemerkte ich erst, wie viel Zeit bereits vergangen war und so verließ ich die Tanzfläche und holte mir ein weiteres Getränk. Gerade als ich den ersten Schluck trank, schlug die große Pendeluhr in der Zimmerecke, was mich überrascht auf das Ziffernblatt schauen ließ. Ich fragte mich schon selber, wie ich wohl die Zeit so vergessen haben konnte, dann bemerkte ich meinen Irrtum. Es war noch gar nicht Mitternacht. Na ja, immerhin hatte mich mein Zeitgefühl nicht verlassen. Ein Knall, der eindeutig von der Terrasse kam, ließ mich zusammenzucken. Neugierig, wie ich nun mal war, lief ich zum großen Fenster und sah hinaus. Ich erkannte die Quelle des Lärms sofort, einige der Jungs hatten das Feuerwerk frühzeitig abgebrannt und dabei einen Knallfrosch gezündet. Einen ungewöhnlich großen! „Konnten Muggel denn solche imposanten Feuerwerkskörper herstellen?“, fragte ich mich verwundert. Oder sollten sich unter den Gästen vielleicht andere Hexen und Zauberer befinden? Oder war der Kracher vielleicht ein Scherzartikel aus dem Geschäft der Weasley-Zwillinge? Also beschloss ich, ein wenig zu beobachten, um vielleicht ein paar bekannte Gesichter hinter den Masken zu entdecken. Jetzt wäre ein magisches „Mad-Eye-Moody"-Auge wirklich von Vorteil. Nur leider war ich nicht im Besitz eines solchen Gegenstandes und so blieb mir nichts anderes übrig, als unauffällig zu versuchen, bekannte Personen auszumachen. Waren es die Musketiere? Oder waren die zwei als Zauberer verkleideten Jungs etwa echte Zauberer? Ich reckte den Hals, um besser sehen zu können. Doch irgendwie konnte ich keinen „Verdächtigen“ entdecken. Deshalb gab ich die Suche auf und hielt stattdessen die Augen nach meiner Freundin auf, um zu sehen was sie so tat. Sie tanzte mit einem – was sollte das darstellen? Ich glaubte, es war ein ... Pharao mit Ledermantel. Vielleicht war das ja der Zauberer, denn welcher Muggel würde sich schon so ... interessant ... verkleiden? Da ich es eh nicht mit Sicherheit sagen konnte und mein Magen knurrte, verschob ich die Überlegung auf später und machte einen kleinen Abstecher zum Buffet. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich das Essen sah. Also schnappte ich mir einen Teller und bediente mich ausgiebig. Ich entschied mich für eine Pastete und ging damit zu einem freien Tisch. Endlich gesättigt, kehrte ich zum Mittelpunkt des Geschehens zurück, um meine Nachforschung weiter zu betreiben. Es waren ja genug Speisen aufgetischt, sodass ich mir später erneut nehmen konnte, sollte mich erneuter Hunger plagen, und ganz ehrlich, die Erdbeeren lockten mich schon. Sie konnten jetzt warten, denn ich sah den geheimnisvollen Mann wieder; er schaute sich um und ging in einen Nebenraum, der klein erschien. Was für ein Glück, damit war mein Stalker erst einmal von der Bildfläche verschwunden. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen und entdeckte einige Meter von mir entfernt ein Mädchen mit einem Zauberstab in der Hand. Ein Zauberstab auf einer Muggelparty? Das musste ich mir genauer anschauen. Unauffällig folgte ich ihr zu dem Tisch auf der anderen Seite des Raumes. Sie nahm den Stab fest in die linke Hand ...und rührte damit die Bowle um. Perplex blieb ich stehen und verfolgte das Schauspiel stumm. Da trat plötzlich jemand hinter mich und tippte mir auf die Schulter. „Endlich, dich hab ich vorhin schon gesucht", entgegnete ich meiner Freundin. Halb in Gedanken versunken, ließ ich zu, dass sie mich am Arm packte und in den Garten führte. Die frische Luft tat uns gut und so setzten wir uns auf eine Bank und beobachteten den Himmel und die funkelnden Sterne. Das Fest im Saal war in vollem Gange und die Musik drang durch die Fenster bis nach draußen, aber ein Moment der Ruhe und Entspannung war mir im Moment ganz recht. Mein Blick wanderte vom Himmel weg in den Garten und dort bestaunte ich den Springbrunnen, die Rosenbüsche und die Hippogreifstatue. Moment mal, Hippogreifstatue? Da traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es war nicht so, dass einer der Gäste ein Zauberer oder eine Hexe war, der Gastgeber war der „Schuldige“. Was mich schlussendlich noch mehr verwirrte - war es nicht sonst immer der Gärtner? Ich war so perplex, dass ich gar mitbekommen hatte, dass meine Freundin gerade aufgesprungen war und mir irgendetwas aufgeregt erzählte. Ich dachte ja, dass wir uns ausruhen wollten, aber sie war da wohl anderer Meinung. Also stand ich auf und folgte ihr weiter in den Garten. Dort entdeckte ich nach und nach viele Schmuckelemente und Pflanzen, welche eindeutig aus der Zauberwelt stammten. Meine Freundin und ich machten geradezu einen Wettbewerb daraus, wer den nächsten magischen Gegenstand oder eine magische Pflanze fand. Nach einigem Suchen und Herumalbern froren wir und so gingen wir zurück ins Haus. Mitternacht rückte näher und einige der Gäste verlangten bereits nach dem Sekt. Da weder meine Freundin noch ich Lust auf Sekt hatten, begnügten wir uns mit dem Punsch. Meine Freundin wollte mit einem ihrer Bekannten tanzen, daher ließ ich sie ziehen und nutzte die Gelegenheit, um einige Fotos zu knipsen. Doch – Was sah ich da in meinem kleinen Sucher? Unglaublich, ich erblickte schon wieder diesen nervigen Typen. Aber aus dieser Perspektive wirkte er irgendwie interessant. Obwohl er anhänglicher war als Kaugummi unter den Schuhsohlen! Trotzdem hatte ich keine Lust, mich mit ihm abzugeben; seine Augen waren mir einfach zu suspekt. Warum? Sie schimmerten so seltsam giftgrün. Moment mal - giftgrün? War das durch das Kerzenlicht oder konnte er wirklich die Augenfarbe wechseln? Was war das für ein unheimlicher Typ! Egal; ...er war eh unerreichbar für mich, jetzt verspürte ich irgendwie... einen extremen Hunger auf... Schokolade - wo war das Buffet? Ich schaute mich um - es war weg! Auf der Suche nach Schokolade erblickte ich einen Tisch an dem drei mir unbekannte Personen saßen, auf dem ein Tablett mit Pralinen stand. Ich grübelte, doch mein Verlangen nach Schokolade überwog und so fasste ich mir ein Herz und ging auf die drei Unbekannten zu. „Hallo, ihr drei, darf ich mich setzen?", fragte ich sie und betrachtete sie neugierig. Sie kamen mir vor wie drei Orgelpfeifen - jede unterschiedlich groß, und die Größte saß in der Mitte. „Ich bin Charlotte, das sind meine Schwestern Janice und Carla", sagte die größte der drei Frauen. Ich musste innerlich lachen: der perfekte Hexenzirkel gemäß den Vorstellungen der Muggel. Ich verzichtete auf eine Vorstellung meinerseits, lange würde ich es bei ihnen eh nicht aushalten, und machte mich über die Pralinen her. Hmmm, lecker - wie ich diese Rumkugeln liebte; da konnte man später so schön rumkugeln. Während ich noch über die Süßigkeiten und die drei Damen nachdachte, schlug die Uhr erneut. Dumpf erschallten die beiden Uhrschläge und teilten allen Anwesenden mit, dass es halb 12 war. Ich dachte, dass ich genug herumgesessen hätte und so stand ich auf und beschloss, mir auch die anderen frei zugänglichen Räume des Erdgeschosses anzusehen. Vielleicht würde ich dabei ja auf meine Freundin stoßen – oder weitere magische Dinge finden. Als erstes lief ich durch die hohe Flügeltür an der rechten Seite des Raumes. Von dort gelangte ich in eine Art Bibliothek, welche über einen Kamin und über eine Galerie verfügte. Die Galerie weckte meine Neugierde, deshalb suchte ich die Treppe und stieg den Bogengang hinauf. Dieser führte um den ganzen Raum herum. Zur Raummitte hin war die Galerie mit einem schön gedrechselten Ebenholzgeländer abgesichert. An den Wänden hingen Gemälde und Fotos, welche allesamt hübsch ausstaffierte Menschen zeigten. Ich musste wohl die Ahnengalerie des Hausherren oder der Hausherrin gefunden haben.

 Dieses Bild wurde von RonRon (Hufflepuff) erstellt

Interessant war, dass die meisten der portraitierten Personen zwar normal aussahen, ein geschultes Auge allerdings auf einigen Bildern außergewöhnliche Dinge feststellen konnte. Auf dem einen Bild erahnte man in der Hand des Gemalten einen Zauberstab. Und eine der jungen Damen auf den Fotografien hielt ein Ding in der Hand, das ein Muggel vielleicht für ein Stofftier gehalten hätte. Ich wusste, dass es sich dabei um einen Knuddelmuff handeln musste. Auf einmal hörte ich, wie ein paar Leute ebenfalls das Kaminzimmer betraten. Ich sah hinunter und erblickte ein knutschendes Pärchen, welches es sich gerade auf dem Sofa vor dem Kamin bequem machte. Um die beiden nicht zu stören, zog ich mich diskret aus dem Raum zurück und betrat wieder den Partysaal. Ich lachte in mich hinein, lang war Victoria, meine Freundin, nicht allein geblieben, entgegen ihrem guten Vorsatz. Aber ich gönnte es ihr von ganzem Herzen.

 Dieses Bild wurde von Kinoliebhaberin (Hufflepuff) erstellt

Im nächsten Moment gewann eine in die Hände klatschende Person im Festsaal meine Aufmerksamkeit. „Meine lieben Gäste, ich darf euch zu einem kleinen Wettstreit einladen", rief der Gastgeber. „Ihr werdet euch sicher alle fragen, ‚ist das sein Ernst und was hat er sich dabei gedacht?‘, nun denn, lasst mich kurz erklären, was ich mir überlegt habe. Ich verteile gleich Zettel mit Aufgaben, die ihr erfüllen solltet, um am Ende einen Gegenstand zu finden." Keine fünf Minuten später waren die Zettel verteilt und einige Silvestergäste machten sich eifrig auf den Weg, doch was stand eigentlich auf meinem Zettel? Begebt euch in den Garten und zählt die Wasserspeier, notiert die Anzahl der Bilder im ersten Stockwerk und zieht das erste Ergebnis davon ab. Wasserspeier im Garten und Bilder im ersten Stockwerk… na zählen werde ich wohl noch können, dachte ich und machte mich auf den Weg, um die hoffentlich richtigen Zahlen zu notieren. Das Ergebnis davon brachte mich in den dritten Stock, wo es galt, nach einer Rüstung mit einer roten Feder Ausschau zu halten. Mich hatte tatsächlich der Ehrgeiz gepackt, rasch lief ich in den dritten Stock und suchte, was mir aufgetragen wurde. Die Rüstung entdeckte ich sofort, obwohl jemand vor mir dort gewesen sein musste, die lange Feder war geknickt. Ob es die Drei vom Hexensabbat waren? Na egal, sie waren weg. Der Hinweis musste irgendwo sein, also klappte ich das Visier auf, doch dort war nichts. Dann griff ich nach dem Metallhandschuh und zog ihn vorsichtig von der Rüstung. Kaum zu glauben, genau dort war er, der nächste Hinweis. Suche nun auf den gewünschten Raum, aus welchem kam heute der Essens-Traum, dort musst du nicht finden Ball oder Puppe, sondern den Gegenstand zum Essen von Suppe. Ich ließ mir die Zeilen kurz durch den Kopf gehen und machte mich auf den Weg in die Küche. Dort rannte ich fast in Victoria hinein, die lachte und mit einem Löffel winkte. Wo kam sie so schnell her?, fragte ich mich erstaunt. Sie musste wohl eine Abkürzung in die Küche gefunden haben. Ich hoffte zumindest nicht, dass sie von ihren magischen Fähigkeiten Gebrauch gemacht hatte, denn das wäre unfair den Muggeln gegenüber gewesen. Die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld, überall erblickte man geöffnete Schubladen, die durchwühlt worden waren. Hier haben scheinbar schon mehrere Personen etwas gesucht, dachte ich mir und machte mich ebenfalls daran, einen Löffel zu suchen. Kupferkessel waren von den Wänden gerissen, Besteckteile lagen am Boden verstreut. Ich bückte mich, fand zwischen den vielen Messern, Gabeln und anderem Kleinkram einen Suppenlöffel und hob ihn auf. Doch was jetzt damit tun? Im Schein des Kerzenlichts fiel mir schließlich die feine Gravur am Griff auf. Eine Lupe wäre nicht verkehrt, dachte ich, denn ich musste noch näher an die Kerze, weil die Gravur zu klein und leicht zu übersehen war, fast wie ein Kratzer. Ich sah auf die Uhr - mir blieb nicht mehr viel Zeit - die Gravur war viel zu klein als dass ich sie mit meiner leichten Weitsichtigkeit hätte lesen können und damit mein schlechtes Gewissen beruhigend, zog ich vorsichtig meinen Zauberstab aus der Ärmeltasche hervor, richtete ihn auf den Löffel und sprach: „Weise mir die Richtung". Weshalb tat der Löffel nicht das, was ich von ihm erwartete? Er schoss hoch in die Luft und schlug mir mit der Löffelschale auf die Nase. Danach schwebte er augenblicklich vor mir, aber damit die Muggel dies nicht bemerkten, hielt ich ihn mit einer Hand leicht fest und folgte seiner Wegweisung in den Garten. Unten angekommen vernahm ich drei mir bekannte Stimmen, ich sah auf und erkannte die drei Hexenschwestern von vorhin, wie sie hinter der Hippogreifstatue aufgeregt miteinander diskutieren. Eine von ihnen hielt eine Wünschelrute in der Hand und zeigte zu einem bestimmten Punkt auf dem Boden und sagte, dass sie dort graben müssten. Diese Neidhammel sind nur neidisch auf meinen schicken Löffel, dachte ich mir, als dieser plötzlich ruckartig die Richtung änderte. Wieso sind die neidisch, fragte ich mich. Moment mal - wo kam das plötzlich her? Na, von mir du dumme Kuh. Und wer bist du? Ich bin dein Alter Ego, du hast eine Persönlichkeitsstörung, wusstest du das nicht? Ok, mein liebes Alter Ego, momentan versuche ich, eine Schnitzeljagd zu gewinnen, ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich dabei nicht stören würdest! Mein Alter Ego zog sich schmollend in einen dunklen Winkel meiner Seele zurück. Ich komme wieder, waren seine letzten Worte... Hastig folgte ich dem Löffel, der eine bestimmte Richtung am Fuße der Hippogreifstatue anstrebte, als meine Aufmerksamkeit von einem Knall abgelenkt wurde. Ich drehte mich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war und sah auf der Terrasse eine Menschenansammlung, die mir klar machte, dass die Schnitzeljagd zu Ende war und die ersten Sektflaschen geöffnet wurden. Als Sieger wurde der Mann auserkoren, dem ich ein paar Stunden zuvor schon über dem Weg gelaufen war. Noch während ich ihn verdutzt anstarrte, drückte mir jemand ein gefülltes Sektglas in die Hand. Dieses stellte ich jedoch beiseite und zückte meine Kamera. Ich schaute durch den Sucher und zoomte an das freudestrahlende Gesicht des Siegers heran. Es war nicht einfach, ihn alleine auf dem Bild zu haben, da sich so viele Gratulanten um ihn tummelten, aber jetzt schien mir eine passende Gelegenheit gekommen zu sein. Er drehte sich ein wenig und blickte mich direkt an, seine inzwischen wieder blauen Augen funkelten. Schnell stellte ich das Bild scharf, bevor er sich umdrehte, und drückte den Auslöser meiner Kamera. Mit dem Gong zur Mitternacht erhellte ein grelles Licht wie von einer Leuchtrakete die Umgebung, danach wurde es finster. Meine Augen hatten sich noch nicht an die Finsternis gewöhnt und das Gemurmel der anderen Gäste schien in weite Ferne gerückt zu sein. Eigentlich war von ihnen gar nichts mehr zu hören. In der Dunkelheit gefangen, versuchte ich mich auf meine anderen Sinne zu konzentrieren. Ein schwacher Luftzug umspielte meine Beine. Die Luft war merklich kühler als vor einigen Minuten, hinzu kam, dass kleine aber feine Regentropfen mein Gesicht bedeckten. Ich hatte das Gefühl, an einem ganz anderen Ort zu sein. Auf keinen Fall mehr bei den anderen. Rasch griff ich in meinen Ärmel und zog meinen Zauberstab hervor. Da tippte mir jemand auf die Schulter und das Licht eines Streichholzes erhellte für einen Augenblick ein Gesicht. Ich erschrak. Im Schein der Flamme erkannte ich langsam die Konturen des Gesichts. „Komm mit, wir müssen hier weg", meinte er leise. Ich wusste nicht, wo ich war und hatte tausend Fragen, die mir im Kopf umherschwirrten, eine davon war, ob ich dem Mann trauen und ihm folgen sollte. Wenigstens schien er sich auszukennen. Pferdegetrappel kam näher und eine Kutsche fuhr an uns vorbei. Er zog mich aus dem Weg und ich rutschte aus, rappelte mich aber sofort wieder auf. Ich nickte, umklammerte meinen Zauberstab noch fester, um mich im Notfall verteidigen zu können und folgte ihm durch eine enge Gasse auf eine schwach mit Gaslaternen beleuchtete Straße. Trotz meines Begleiters, oder vielleicht auch wegen ihm, fühlte ich eine Gänsehaut auf meinen Armen. Doch ich hatte keine Zeit, dies genauer zu hinterfragen, denn ich sah nicht sehr viel und musste aufpassen, wohin ich trat. Das Klackern meiner Absätze auf dem Kopfsteinpflaster hallte laut durch die Gassen und ich stolperte mehr, als dass ich ging. Und da geschah es ... ich trat in einen dampfenden Pferdeäpfelhaufen. Hier stimmt etwas ganz gewaltig nicht, warnten mich meine Gedanken. Pferdeäpfel auf der Straße? Kopfsteinpflaster? Wo war ich hier? Ich versuchte mich im schwachen Licht der Lampe zu orientieren und hielt nach irgendeinem Anhaltspunkt Ausschau, der mir einen Hinweis gegeben konnte, wo ich mich gerade befand und dann entdeckte ich plötzlich etwas. Aus dem Nebel schälte sich eine dunkle, einspännige Kutsche, auf deren Tür ein mir irgendwie bekannt erscheinendes Wappen zu sehen war. Mit der freien Hand griff ich nach dem Mantel meines Begleiters und zog ihn in einen Hauseingang, um endlich meine Fragen loszuwerden. „Wer bist du, wie kommen wir hier her und vor allem, was tun wir hier?", wollte ich von ihm wissen und wartete gespannt auf Antworten. „Das kann ich dir nicht erklären, hab ein wenig Geduld", beschwichtigte er mich. „Übrigens, mein Name ist Kieran", fügte er hinzu. Ich blickte auf, was für ein ungewöhnlicher und gleichwohl faszinierender Name. „Und ich heiße Holly-Summer... Holly, mit zwei L", erklärte ich, weil ich inzwischen wusste, wie die meisten Menschen auf meinen Namen reagierten. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. „Wir sollten zusehen, dass wir in Sicherheit kommen." Er lief, jetzt etwas langsamer, mir voran die Straße entlang. Ich folgte ihm mit klopfendem Herzen, denn egal wo ich war - er war der Schlüssel zurück. Zumindest hoffte ich das. Da es zu regnen anfing, fragte ich meinen Begleiter, ob er eine Unterkunft für uns hätte, beziehungsweise wüsste, wo wir hingehen könnten. Doch dieser grinste nur verwegen und ging weiter. „Sag mir, wohin du mich bringst, oder ich gehe keinen Schritt weiter", forderte ich und verharrte auf der Stelle. „An einen Ort, an dem du nicht auffallen wirst!“, antwortete er kryptisch. In einem Kleid wie diesem? Das wird nicht einfach werden, dachte ich. Wir liefen eine lange Zeit durch diese schmutzigen Gassen, es stank abartig und ich hatte komplett die Orientierung verloren. Auf einmal erblickte ich, trotz des Nebels, einen Kirchturm. Und dann erreichten wir die Kirche und umrundeten sie. Kieran führte mich zu einer hölzernen Nebentür und klopfte dort an. Kurz danach öffnete ein Mönch und ließ uns eintreten. „Willkommen im Nachtasyl unserer ehrwürdigen Westminster Abbey." Er musterte mich. „Ihr habt sie wirklich gefunden", sagte der Mönch schließlich zufrieden zu Kieran. Er führte uns in einen kleinen Raum, in dem ein Kaminfeuer prasselte. Dort befanden sich schon drei weitere Leute, deren Alter ich auf 20 bis 25 Jahre schätzte. Der Mönch, der uns hereingelassen hatte, verließ den Raum. Ängstlich und gleichzeitig neugierig blickte ich mich um. Entschlossen packte ich meinen Zauberstab und richtete ihn auf die anderen. Ich sah, wie sie eine abwehrende Haltung einnahmen. Den Zauberstab immer noch erhoben, lief ich zu einem Stuhl und setzte mich hin, denn langsam aber sicher taten mir vom vielen Laufen und Stehen die Füße weh. „Jetzt kannst du deine Fragen stellen, Holly", erklärte mir Kieran. „Wo bin ich hier?" „In London, um genau zu sein in Westminster Abbey." „Wieso sieht alles so anders aus, als ich es kenne?" „Das erklären wir dir morgen", meinte Kieran und zeigte zur Tür. Doch die Tür war gar keine - sie wirkte ... hm ... wie aufgemalt. Innerlich total angespannt und von der Situation leicht überfordert, bewegte ich mich zu dem vermeintlichen Ausgang. „Dieser Ort liegt auf zwei sich kreuzenden Energielinien und an solch besonderen Tagen wie zum Beispiel Silvester werden Tore zwischen dem Diesseits und dem Jenseits geöffnet, dann passieren manchmal seltsame Dinge", seufzte Kieran und betrachtete die aufgemalte Tür. Ich streckte meine Hand aus und berührte vorsichtig eine solche Linie. Ein Kribbeln, wie von einem leichten Stromschlag, lief durch meinen Körper, als meine Fingerspitzen die Linie berührten. Noch während ich sie betastete, änderte sich die Beschaffenheit und die richtige Tür war wieder da. Ich schaute die anderen im Raum fragend an. Die junge Frau in schlecht sitzenden Männerhosen und einem viel zu weiten Herrenhemd, erhob sich von ihrem Stuhl und kam auf mich zu. „Du wirst müde sein, komm mit, ich zeige dir, wo du schlafen kannst. Übrigens, ich bin Lilian" „Nein, ich bin nicht... ich möchte nicht...", versuchte ich einzuwenden und drehte mich der Gruppe am Tisch zu. Irgendwie schien sich hier keiner für meine Meinung zu interessieren. „Geh mit ihr, Holly, ruh dich aus, wir brauchen deine vollen Kräfte", äußerte sich Kieran und fiel mir damit in den Rücken. Er klang ungeduldig und da ich mir von den anderen keine Unterstützung erhoffte, folgte ich Lilian mit einem abgrundtiefen und resignierten Seufzen. „Verdammt, ich bin eine Hexe, habe einen Zauberstab und trotzdem werde ich wie ein dummes Kind behandelt", brummte ich unwillig vor mich hin und hörte gerade noch, wie einer der Männer zu Kieran sagte, ich sei wohl störrisch. „Für was hält sich der Kerl denn, wenn ich wollte, könnte ich ihn in einen Frosch verwandeln", erklärte ich Lilian und zückte meinen Zauberstab. Lilian griff nach meiner Hand und drückte sie herunter, dabei sah sie mich tadelnd an. „Holly, wir sind eine kleine Gruppe mit einer großen Aufgabe, wir müssen zusammenhalten, oder das Vorhaben wird scheitern", meinte sie leise und führte mich durch einen schmalen Gang bis zu einer unscheinbaren Holztür. Leider hatte sie damit recht, also fügte ich mich vorerst zähneknirschend, obwohl ich endlich wissen wollte, was ich hier sollte. So folgte ich Lilian, welche mich in ein karg eingerichtetes Zimmer führte. „Hier kannst du heute Nacht ruhen, morgen reiten wir weiter", erklärte sie mir aufmunternd lächelnd, „es sei denn, du kannst nicht reiten." „Reiten ... ihr habt Besen?" Sie verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Wir wählen Pferde, Kutschen oder gehen zu Fuß, in eurer Zeit mögt ihr auf Besen reisen." „Moment mal, was meinst du mit ‚unserer Zeit‘", fragte ich irritiert. Lilian stoppte, bereits an der Tür, und drehte sich um. „Hat Kieran dir nichts erklärt?" „Nein, leider nicht. Welches Datum haben wir?" „Heute ist der 1. Januar 1889 und ich sehe dir an, dass du mir nicht glaubst." Lautlos verließ Lilian den Raum und ließ mich in meiner Verwirrung allein. Da saß ich nun irgendwo in der Vergangenheit mit Menschen, die ich nicht kannte und die mir nicht erklärten, wie ich hierher gekommen war. Wie betäubt legte ich mich auf die Liege und fiel in einen unruhigen Schlaf. In meinen Träumen verfolgten mich blau-gelb-rote Schafe. „Was für ein Traum", murmelte ich verwirrt, nachdem mich ein Klopfen an der Tür aus dem Schlaf gerissen hatte. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, betrat Lilian den Raum, legte mir frische Kleidung auf das Bett und forderte mich auf, ihr zu folgen sobald ich mich umgezogen hatte. Ich warf missmutig einen Blick nach draußen und stellte fest, dass es dunkel war. Nachdem ich kurz am Fenster des Raums verweilt hatte, zog ich mir trotz meiner noch vorhandenen Müdigkeit die von Lilian gebrachten Sachen über, ging zur Tür, um ihr zu folgen und dachte daran, hoffentlich mehr über diese mysteriösen Umstände meiner Gegenwart zu erfahren. Lilian führte mich zu der Gruppe, die ich vor einigen Stunden kurz kennengelernt hatte, zurück. Ich schaute fragend in die Runde und erkannte, dass auch Kieran anwesend war. „Kann mir mal bitte jemand bei diesen dummen Knöpfen helfen?", bat ich leicht entnervt und fragte mich, wieso ich nicht auch eine Hose und ein Hemd wie Lilian tragen durfte, denn dieses Kleid war unbequem. Kieran erhob sich und half mir. „Danke", murmelte ich peinlich berührt und fixierte mit hochroten Wangen das Brot auf dem Tisch. „Du möchtest jetzt bestimmt wissen, warum du hier bist, Holly", sprach Kieran leise und schnürte mir das Schulterband. Kaum, dass er das letzte Band gezogen hatte, entwand ich mich seinen Händen und nahm auf dem Stuhl Platz, der am weitesten von ihm entfernt war. Wortlos brach ich mir ein Stückchen Brot ab und nahm mir von dem Käse. Nachdem ich mich an dem kargen Frühstück gesättigt hatte, sah ich die anderen herausfordernd an. „So, heraus mit der Sprache, wieso habt ihr mich gekidnappt?" „Gegenfrage; wieso hast du dich mir regelrecht an den Hals geworfen?", antwortete Kieran herausfordernd. Empört schnappte ich nach Luft und funkelte ihn böse an. „Hör zu, ich kann dich nicht leiden und du mich nicht, aber wir brauchen dich hier", zischte Kieran zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Dann sind wir uns ja zumindest in einer Sache einig", antwortete ich ihm schnippisch. „Schluss jetzt, dafür haben wir keine Zeit", fuhr der junge Mann neben mir dazwischen. Schmollend hielt ich den Mund und goss mir eine Tasse Tee ein. „Also...", begann Lilian, "du bist aus einem bestimmten Grund in dieses Jahrhundert und an diesen Ort gebracht worden." „Ach nein, ehrlich?", fuhr ich sie an. „Holly, bitte...", unterbrach Kieran. „Wir sind eine kleine Gruppe, die seit einigen Monaten einen Dämon jagt, den Menschen ‚Jack the Ripper’ genannt haben", meinte der junge Mann, dessen Namen ich noch immer nicht kannte. „Ach.. und du bist...?" „Christopher, und bevor du fragst, ich bin derjenige in der Gruppe, der Dämonen spüren kann." Dämonen ... langsam aber sicher überlegte ich, ob ich nicht in einer Irrenanstalt gelandet war. Kieran wandte sich mir zu: „Christopher spürt Dämonen, Lilian beherrscht die Energie-Magie, Riley ist unser Heiler und ich.. tja, das verrate ich dir nicht." Daraufhin mischte sich Lilian ein: „Der ... vorlaute Mann ist, wie du ja schon weißt, Kieran, und er ist fähig, durch die Dimensionen zu reisen und seine Gestalt zu ändern." „Oh... wow... und wozu... braucht ihr mich?", mir fehlten fast die Worte und ich stammelte vor mich hin. „Weil du so klug und perfekt bist", kam postwendend die provozierende Antwort von Kieran. „Sehr witzig", konterte ich flach, denn diese Dreistigkeit machte mich sprachlos. „In den alten Schriften steht geschrieben, dass nur eine Zeitreisende, die im Besitz eines besonderen Achates ist, unsere Gruppe vervollständigen kann", berichtete Riley ruhig. Unbewusst fasste ich an meine Kette und berührte das silberne Medaillon, in dem ein kleiner Achat umschlossen war. „Das ist ein Familienerbstück, seit Generationen von Mutter zu Tochter weitergegeben; woher wisst ihr davon?" Riley erhob sich und schob mir einige Pergamentbögen entgegen. „Hier ist die Wanderung des Steins beschrieben und auf dem Stammbaum in der Bibliothek befindet sich dein Name an letzter Stelle. Wir haben Kieran nach dir suchen lassen und er hat dich wohl gefunden." „Hat er", brummte Kieran. Ich rekapitulierte die ganze Sache schweigend und fasste einen Entschluss. „Also gut, ihr benötigt nicht mich, sondern meine Kette." „So einfach ist das nicht, nur jemand aus deiner Blutlinie kann die Kräfte aktivieren", erklärte Lilian, Kieran ignorierend. Sie hatten inzwischen herausgefunden, dass der Dämon nicht in Kirchen gehen konnte, daher blieben wir hier und kehrten nicht in das Hauptquartier in Oxford zurück. Worüber ich sehr froh war, denn auf einem Pferd hatte ich bisher nie gesessen. Da es noch Tag war und sich Jack the Ripper nachts zeigte, nutzte ich die Gelegenheit und bat darum, in den Büchern und Pergamenten lesen zu dürfen. Auch wenn teilweise schreckliche Dinge beschrieben wurden, fand ich das Lesen der alten Dokumente faszinierend. Stunden hatte ich mich in die alten Schriften über Dämonen und andere fremde Wesen gelesen, dass ich die Zeit vollkommen aus dem Blick verlor. Als es an der Tür klopfte, zuckte ich zusammen. Kieran stand davor und sagte: „Lilian meint, dass ich dir einige unserer Waffen zeigen soll, damit du dir unter Umständen eine aussuchen kannst.“ Ich stand auf mit der Bemerkung, dass die gefährlichste Waffe, die ich bisher in der Hand hatte, mein Brotmesser gewesen sei. Aber da Kieran und der Rest der Truppe sagten, dass die Jagd erst in der Nacht stattfinden würde und ich genug vom Lesen hatte, folgte ich ihm in die Waffenkammer. Der Anblick war einfach überwältigend, wenn er auch im ersten Moment ein wenig erschreckte. Überall hingen Waffen an den Wänden oder lagen in Regalen. Elegante Degen, ungarische Reitersäbel, Äxte und schwere Schwerter, unzählige Armbrüste, Pistolen, Messer und Beile, selbst einen leuchtenden Elfendolch erblickte ich, teilweise in Vitrinen, eine Vielzahl Holzpflöcke, sorgsam aufgereiht, und so ungewöhnliche Dinge wie Mistgabeln oder einfache Holzknüppel. Vorsichtig nahm ich einen Degen von der Wandhalterung ab und beäugte ihn näher. Neugierig berührte ich die Klinge; autsch. „Pass auf!", warnte mich Kieran, doch zu spät, schon fiel der erste Blutstropfen zu Boden. Kieran nahm mir den Degen aus der Hand und legte stattdessen einen Holzpflock hinein. „Nun wisch dir das Blut ab, du verschmutzt den Boden." "Gehen wir jetzt auf Vampirjagd, oder was soll ich damit?", fragte ich mit verwirrtem Blick auf den Holzpflock, seinen Spruch absichtlich ignorierend. Rasch erhob ich den angespitzten Holzstock und ging auf Kieran los, sah jedoch im letzten Moment das Schmunzeln und bremste ab, bevor ich ihn verletzten konnte. Genervt pfefferte ich den Holzpflock in den Schrank und steckte mir den blutenden Finger in den Mund. Der Schnitt war nicht tief und dennoch trat ein kleines Rinnsal Blut hervor. Betont unbeteiligt reichte mir Kieran ein Taschentuch. Trotzdem sah man ihm an, wie er sich krampfhaft bemühte, die harte Maske aufrecht zu erhalten und ernst zu bleiben. Schließlich konnte er das Lachen nicht mehr zurückhalten. „Du verletzt dich eher selbst, als mich damit zu treffen, lass mich mal den Finger sehen." Widerwillig reichte ich ihm die Hand. „Damit müssen wir Riley nicht belästigen", murmelte er und wickelte das Taschentuch herum. Kurz zuckte ich zusammen, als er das Tuch befestigte, dann wandte ich mich abermals den Waffen zu, um eine zu finden, die ich benutzen konnte, ohne mich ernsthaft zu verletzen. Das alte Schwert, welches ich ausprobierte, lag zu schwer in meiner Hand, es war nicht für einen Kampf geeignet. „Gibt es hier nicht etwas Leichteres, mit dem auch ich umgehen kann?", murmelte ich mehr zu mir selbst, doch scheinbar hatte er gute Ohren. Auf der Suche nach einer für mich ungefährlichen Waffe, griff ich nach einem Silberdolch, dessen Griff mit komischen Symbolen verziert war. „Der ist hübsch, aber sag mal, Kieran, kann ich nicht einfach meinen Zauberstab benutzen?" Bevor meine Frage beantwortet wurde, erklang ein komisches Geräusch und wie aus dem Nichts erschien Riley in der Waffenkammer. Riley schien meine Frage verstanden zu haben, denn er antwortete anstelle von Kieran. „Weil wir nicht wissen, ob Magie dem Baka etwas anhaben kann, und wir wollen uns lieber doppelt absichern." „Also gut, dann gleich noch eine Frage hinterher; was genau ist eigentlich ein Baka?", wollte ich nun wissen. „Der Baka ist ein Untoter, der sich von Menschenfleisch ernährt, er zerfetzt seinen Opfern die Halsschlagader und nimmt sich die inneren Organe, inzwischen ist er sogar so hungrig, dass wir keine Opfer mehr finden – er verschlingt sie ganz." „Na toll, ich soll mit euch einen menschenfressenden Dämonen jagen, und das schlimmstenfalls ohne Zauberstab", fasste ich das Gehörte halbwegs zusammen. „Wir versuchen es, Holly", erklärte Riley ruhig, untersuchte meine Hand, strich Salbe aus einem winzigen Tiegel auf die Wunde und verband sie ordentlich. Ich wackelte mit dem verbundenen Finger. „Und was machen wir, wenn die Waffen nicht wirken sollten? Haben wir einen Plan B oder enden wir als sein Abendessen?" „Wenn wir Pech haben, schon", meinte Kieran trocken. Bevor die Diskussion ausarten konnte, betrat Lilian den Raum und bat uns, das Gerede zu lassen und besser mit den Waffen zu trainieren. Noch immer hatte ich mich für keine entschieden, hätte ja am liebsten meinen Zauberstab genommen, wählte erneut den Dolch. Ich beschloss, bei dieser Waffe zu bleiben, denn sie war handlich und fühlte sich gut an. „Nun gut, der Dolch", wandte sich Lilian zu mir, „da dies eine Stichwaffe ist, übst du am besten kurze, flinke Stoßbewegungen – und die Deckung nicht vergessen, sonst nützt du uns gar nichts." Zuerst übte ich mit Riley, später mit Christopher, der sich inzwischen ebenfalls zu unserer Gruppe gesellt hatte. Und mit der Zeit lernte ich sogar, die Waffe halbwegs richtig zu handhaben, sprich dem Gegner mehr Schaden zuzufügen als mir selbst. Nachdem ich zwei Stunden Kampfübungen hinter mir hatte, war ich fix und fertig. Ich erbat mir eine kurze Pause, welche mir gewährt wurde. Mir war bewusst, dass unsere Jagd unter Umständen die ganze Nacht dauern könnte, deshalb nutzte ich die freie Zeit, bat Lilian, mich später zu wecken und ging in mein Zimmer und legte mich schlafen. Da ich keinen Schlaf fand, ging ich in Gedanken die Dämonen durch, die wir in der Schule im Unterricht besprochen hatten – ich zählte sie statt Schäfchen. Was nur dummerweise zur Folge hatte, dass ich zwar einschlief, aber unter Alpträumen litt. Scharfe, spitze Zähne und rot glühende Augen tauchten aus der Dunkelheit auf. Mit einem Schrei schreckte ich hoch und stellte halbwegs erleichtert fest, dass ich zumindest diesen Dämon nur geträumt hatte. Die zwei Stunden schienen vorüber zu sein, denn Lilian öffnete die Tür in dem Vorhaben, mich zu wecken. „Holly, du solltest dich umziehen", sprach sie und reichte mir eine Herrenhose und ein weites Hemd. Diese Art von Kleidung war zwar nicht unbedingt hübsch, aber immerhin praktisch. Anders als das Kleid, das zwar hübsch war und sich angenehm weich auf der Haut anfühlte, jedoch nicht geeignet schien, um irgendetwas dort draußen in der Nacht zu töten. Nach dem Anziehen steckte ich den Dolch ein. Ich war schon fast im Kaminzimmer angekommen, als mir mein Zauberstab einfiel. Ich rannte zurück und befestigte den Stab griffbereit am Gürtel. Schließlich trafen wir uns alle und machten uns auf den Weg in die mondhelle Nacht hinaus. „Er treibt sich meist in Whitechapel herum und sucht sich dort seine Opfer unter Frauen", klärte mich Christopher auf. Der eisige Wind peitschte mir ins Gesicht und ich schlang mein Hemd vergeblich enger um mich. Nach kurzer Zeit sahen wir eine Mietkutsche und ließen uns von dieser bis zu den Toren von Whitechapel fahren. Wir verließen die Kutsche und machten uns auf den Weg ins Viertel, uns mehrmals vorsichtig umschauend. Kaum hatten wir das Gewirr von Gassen betreten, schlug uns der Gestank von Müll und Unrat entgegen. Christopher lief schneller und als wir einen Schrei hörten, rannte er los. Fast wären wir nicht mitgekommen, so hatte uns der Spurt überrascht. Als wir die schreiende Frau erreichten, sahen wir, dass sie nicht von einem Baka bedroht wurde, sondern sich mit einer Nachbarin stritt. Die eine der Frauen zerrte die andere an den Haaren. Christopher hatte etwas gespürt, denn in der Nähe war ein leises PLOPP zu hören; wir waren so dicht dran gewesen, aber der Streit hatte den Dämon vertrieben. Wir wollten die Quelle des Geräusches orten, da zischte etwas an unseren Köpfen vorbei. Lilian stöhnte auf und sackte zusammen. Etwas kullerte in den Rinnstein und blieb zu Kierans Füßen liegen; ein Nachttopf. Sofort kümmerte Riley sich um Lilian, die sich mühsam aufrappelte. „Hat er mich erwischt, der Baka?", murmelte sie benommen. Kieran lachte leise und meinte: „Nein, das waren die beiden Furien und nicht der Dämon." Wir anderen verkniffen uns das Lachen und beratschlagten über unser weiteres Vorgehen. Nach kurzer Diskussion war klar, dass Riley mit Lilian zurück zur Westminster Abbey fahren und wir anderen drei die Jagd weiterführen würden, obwohl Christopher mehrmals beteuerte, keinen Dämon mehr zu fühlen. Trotzdem machten wir anderen uns auf den Weg, um einige Spuren oder Anhaltspunkte zu finden, die auf den Baka Rückschlüsse zulassen würden, diese konnten uns später hilfreich sein. Leider war unsere Suche nicht von dem erhofften Erfolg gekrönt und so kehrten wir ebenfalls zurück. Im Hauptquartier besuchten wir Lilian und erkundigten uns nach ihrem Befinden. Sie winkte ab und erklärte uns, sie wäre wohlauf. Vielmehr interessierte sie, ob wir etwas Verwertbares herausgefunden hatten. Leider konnten wir ihr hierzu keine guten Nachrichten überbringen. Da das geklärt war, gingen wir ins warme Kaminzimmer und hielten Kriegsrat. Aber die Enttäuschung über den Fehlschlag lähmte unsere Gedanken und in Anbetracht dessen, dass der Morgen langsam heraufdämmerte, beschlossen wir schlafen zu gehen. Deprimiert und mit mir selbst unzufrieden, ging ich in meine Kammer und ließ mich, samt meiner Kleidung aufs Bett fallen, wo ich durch die Anstrengungen des langen Tages sofort einschlief. Ich schlief sehr unruhig, denn die wirren Erinnerungen an Jack the Ripper und die streitsüchtigen Frauen rissen mich ständig aus meinen Träumen. Daher war ich dankbar, als ich in den frühen Morgenstunden von Lilian geweckt wurde. Noch ein wenig von der nächtlichen Prozedur mitgenommen, zog ich mich um und sehnte mich nach einer Tasse Kaffee. Tee, verbesserte ich mich in Gedanken. So ging ich ins Kaminzimmer, wo sich schon Riley, Christopher und Lilian eingefunden hatten. „Na, hat der Held verschlafen?" Ich konnte mir das Sticheln nicht verkneifen und grinste breit, trotz Müdigkeit. „Nein der ‚Held‘ hat sich, beziehungsweise uns, auf dem Weg hierher Tee besorgt", ertönte Kierans Stimme nur wenige Meter hinter mir und ich konnte an seiner Aussprache hören, dass er sich ein Lachen verdrückte. „Also, was machen wir heute?", fragte ich, nachdem wir schweigend unseren Tee zu uns genommen hatten. „Karten spielen, einen Schneemann bauen oder vielleicht Untote jagen?", Kieran verdrehte die Augen. Müde und daher mies gelaunt wollte ich gerade zu einer zickig-gebührenden Antwort ansetzen, als Christopher mich bittend ansah. „Es wäre wohl am besten, wenn wir zwei Gruppen bilden würden. Kieran und ich gehen gleich nach Whitechapel und schauen uns die Örtlichkeiten besser an", erklärte er und zog eine knautschige Karte hervor. „Und Riley trainiert Nahkampf mit dir, denn immerhin bist du ja anscheinend der Schlüssel zu Bakas Vernichtung." „Lilian sollte sich ausruhen, damit sie heute Abend einsatzbereit ist", setzte Christopher hastig hinzu, damit Lilian nicht auf falsche Gedanken kam. Zuerst wollte ich gegen diese Gruppeneinteilung protestieren, doch als ich nach draußen sah und erkannte, dass es in Strömen regnete, gab ich nickend meine Zustimmung zu dem Plan. „Na, zufrieden, oder willst du lieber mich als Trainingspartner?", fragte Kieran schmunzelnd, als hätte er meinen leichten Unmut gespürt. Entsetzt schüttelte ich den Kopf, alles nur das nicht. Als dies geklärt war, machten sich Kieran und Christopher auf den Weg in die Stadt. Das Training mit Riley war nicht einfach und ich holte mir den einen oder anderen blauen Fleck, aber wenigstens lernte ich ziemlich schnell, wie ich den Dolch effektiv sowohl als Angriffs als auch Verteidigungswaffe einsetzen konnte. Riley war gegen Ende der Übungseinheit sichtlich mit mir zufrieden und konnte sich sogar zu einem Lob hinreißen lassen. Erschöpft kehrte ich ins Kaminzimmer zurück, um Tee aufzusetzen, während Riley zu Lilians Kammer ging, um sie zu wecken. Zu dritt genossen wir den Tee und aßen Gebäck dazu, als sich die Tür öffnete und Christopher und Kieran den Raum betraten. Die beiden waren pitschnass und sahen ziemlich erledigt aus, allerdings hatten sie einen siegessicheren Ausdruck auf ihren Gesichtern. Sie nahmen sich je einen Stuhl und setzen sich direkt vor das wärmende Feuer. Da sie so bemitleidenswert aussahen, opferte ich mich und brachte ihnen je eine Tasse Tee. Danach erzählten sie uns, dass sie Personen in der Stadt befragt hatten, um Neuigkeiten über die Morde zu erfahren, dies half ihnen sogar dabei, zwei Tatorte zu finden. „Leider haben weder wir noch andere ein Muster bei den Mordschauplätzen feststellen können. Aber das Positive ist, dass Christopher an dem einen Tatort eine Restenergie gespürt hat“, schloss Kieran den Bericht der beiden ab. Da es bereits dämmerte und ich endlich meine neu erworbenen Kampfkünste testen wollte, beschlossen wir, etwas Richtiges zu essen und danach auf die Jagd zu gehen. Es regnete beharrlich und Riley erbarmte sich und holte uns mit einer Kutsche ab. Während der Fahrt hing jeder seinen Gedanken nach und es fiel kein Wort, bis die Droschke schließlich hielt. Trotz des Wetters hochmotiviert, bezahlten wir den Kutscher und ließen uns von Kieran durch das Gewirr der Gassen zu einem der beiden möglichen Tatorte führen. Ich schielte zu Christopher, um zu sehen, ob er einen Dämon spürte. Die Miene des jungen Mannes blieb ausdruckslos. Meine Befürchtungen bestätigten sich, wir hatten wohl den falschen Tatort ausgewählt. Deshalb zogen wir nach einer kurzen Beratung weiter. Nach einigen hundert Metern blieb Christopher kurz stehen, spannte die Schultern an und nickte langsam und bedächtig. „Ja, wir sind ihm auf der Spur", flüsterte er und zeigte auf einen fernen Punkt. „Am besten trennen wir uns und kreisen ihn ein", schlug Lilian vor und ging die linke Abzweigung entlang. Christopher nahm seine Schleuder in die eine und einen Stein in die andere Hand, zielte auf den Kopf des Bakas und lenkte ihn somit vom aktuellen Geschehen ab. Ich richtete meinen Dolch auf den Hals des Untoten, verfehlte jedoch mein Ziel, aus einem Reflex heraus griff ich zum Zauberstab, während Riley und Kieran mit ihren Schwertern voran preschten. „Stupor", brüllte ich, weil mir das zuerst einfiel, und zeigte mit dem Stab auf den Dämon, dorthin, wo ich das Herz vermutete. Doch zu meinem Entsetzen geschah... gar nichts. Jack the Ripper verzog den grotesk verformten Mund zu einem hämischen Grinsen und entschwand mit einem lauten PLOPP samt seinem Opfer. Fassungslos sahen wir auf die Stelle, wo der Dämon gerade noch gestanden hatte. Kieran warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, ersparte sich zum Glück die Predigt. Das hatte ich nicht gewollt, wir waren so kurz vor unserem Ziel gewesen. Geknickt ließ ich den Kopf hängen. "Es tut mir leid", murmelte ich beschämt. Christopher dachte kurz nach und meinte: "Du konntest nicht wissen, dass Dämonenhaut zauberresistent ist!“ „Es war doof von mir, hätte ich nachgedacht, wäre ich selbst auf die Idee gekommen", erklärte ich leise und wandte mich von ihnen ab. Kieran sah mich einen Moment an, kam auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Schulter. Bevor ich sie abwehren konnte, zog er sie wieder weg. Da der Untote nun einerseits vorgewarnt war und andererseits schon ein Opfer gefunden hatte, war die Jagd für diese Nacht gelaufen. Müde und enttäuscht machten wir uns auf den Heimweg. Kaum waren wir in unserem Quartier angekommen, zog ich mich in mein Zimmer zurück und schlief augenblicklich ein. In meinem Traum durchblätterte ich die alten Schriften, betrachtete die Federzeichnungen einiger Dämonen und stieß auf eine äußerst interessante Seite. Dort stand geschrieben, wie man einen Baka bannen konnte, doch ich konnte es einfach nicht lesen, da die Buchstaben verschwammen. Es war mitten in der Nacht, als ich aufwachte und aufstand, um nach dem Buch zu suchen. Ich wusste, dass ich es schon einmal gesehen hatte. Barfuß, lediglich mit einem Nachthemd bekleidet, ging ich mit der Kerze in die Stube. Sofort bekam ich Eisfüße, aber der Drang, das Buch zu finden, ließ mich darüber hinwegsehen. Ich suchte zwischen den vielen Dokumenten auf dem Tisch, fand ganz unten ein großes in Leder eingebundenes Buch und schlug es auf. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich Seite für Seite umblätterte. Das Bild aus meinen Träumen war leider nicht in diesem Buch und betrübt schlug ich es daher zu. Enttäuscht ließ ich meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Auf der Fensterbank erblickte ich weitere Bücher, die ich zuvor übersehen hatte. Eines davon erregte meine Aufmerksamkeit. Mit Herzklopfen ging ich darauf zu, die Flamme der Kerze mit einer Hand abgeschirmt, um ja keine der wertvollen alten Schriften zu verbrennen. Jetzt konnte ich es besser sehen – es war relativ klein, dick und vor allem alt. Ehrfürchtig berührte ich das dunkle Leder. Ich spürte meine zittrigen Hände. „Was tust du da?" Das Buch rutschte mir durch die Finger und klatschte zu Boden. Erschrocken drehte ich mich um und sah in Kierans Gesicht. „Ich wollte Kuchen backen und dachte, hier gibt es ein Kochbuch", antwortete ich patzig. Zu meiner Verwunderung schien Kieran das komisch zu finden, denn ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Aha, du weißt schon, dass es Tag ist, und dass man normalerweise angezogen in der Küche backt?", fragte er scheinheilig. „Tag würde ich nicht sagen, es ist ja nicht mal hell!" „Wenn du meinst; nun mal im Ernst, was machst du hier?“, fragte Kieran und klang dabei ziemlich neugierig. „Setz dich erst einmal", meinte er, hob das Buch auf, drückte es mir in die Hand und zeigte zum Tisch, bevor er aus dem Raum hetzte und kurze Zeit später mit einer Decke zurück kam. Er legte mir die Decke um, wofür ich ihm insgeheim dankbar war, ihm das aber nie sagen würde. „Reiner Selbstschutz", behauptete er grinsend und zog das Buch näher zu sich heran. Ich verdrehte die Augen. Um das Thema zu wechseln, erklärte ich ihm, wie mich der Traum zu dem Buch geführt hatte. „Kieran, ich glaube, hier drinnen könnte die Lösung unseres Problems stehen", erläuterte ich seufzend und blätterte durch die brüchigen Pergamentseiten. Er schaute mich ernst an. „Die einzige Möglichkeit, die ich kenne, ist die Kraft der Steine; jeder von uns trägt ein Medaillon mit einem Stein, diese Teile müssen wir irgendwie verbinden." „Ja, das klingt logisch, doch wie verbinden wir die Steine und wie sorgen wir dafür, dass wir dafür genug Zeit haben, wenn der Dämon vor uns steht?" Unbewusst fasste ich an meinen Anhänger und blätterte weiter durch das Buch, bis ich ein Bild entdeckte. „Salz; damit legen wir einen Bannkreis." Kieran sah skeptisch aus, aber ich fühlte, dass dies ein Teil der Lösung war. Die Tür ging auf und Lilian kam gähnend herein. „Oh, ihr arbeitet schon“, stellte sie fest. „Gut, dass du da bist, Holly hat vielleicht eine Lösung gefunden, wie wir den Baka festhalten", sagte Kieran und zeigte auf die Stelle in den Schriften. Neugierig beugte sie sich über das Buch und las die Stelle, neben der sein Finger lag. „Mmmhh, das mit dem Salz klingt gut, das erinnert mich an irgendetwas", murmelte sie und lief zu einem der Bücherregale. Sie strich mit dem Finger die Buchreihen ab, bis sie fand was sie suchte. Lilian nahm das ebenfalls alt aussehende Buch aus dem Regal, legte es auf den Tisch und blätterte eilig darin. Unvermittelt sprang sie auf und rannte aus dem Zimmer. Überrascht nahm Kieran das Buch in die Hand und las die aufgeschlagene Seite. Gerade, als er etwas zu mir sagen wollte, ging die Tür auf und Lilian kam zurück, mit Christopher im Schlepptau und einem Glas Salz in ihrer Hand. Während wir verdutzt zu dem Salz sahen, lief Lilian erneut davon, um gleich darauf einen verschlafen aussehenden Riley vor sich her zu scheuchen. Nachdem wir nun alle, mehr oder weniger wach und motiviert, anwesend waren, begann Lilian mit ihrer Erklärung. „Einen Dämon kann man festsetzen, indem man einen geschlossenen Bannkreis aus Salz um ihn herum zieht, denn somit kann er seine Kräfte nur eingeschränkt nutzen. Wir müssen den Baka finden, einen Kreis um ihn ziehen und ihn angreifen.“ „Wie wollen wir es schaffen, dass Jack the Ripper sich nicht bewegt, solange wir den Bannkreis ziehen?", fragte ich unsicher nach. Ich wusste nicht warum, aber ich sah zu Riley und hoffte gleich die Antwort auf meine Frage zu hören. „Wir müssen zwar einen geschlossenen Kreis hinbekommen, aber der kann ja von uns allen gezogen werden", meinte Riley. „Euch ist bewusst, dass wir für diesen Kreis eine große Menge Salz benötigen?“, meinte Kieran nach einiger Bedenkzeit. Da hatte er Recht und so teilten wir uns, abermals, auf. Lilian und ich gingen in die Stadt, um genügend Salz zu kaufen und die Männer blieben zurück, suchten in den Büchern nach einem Hinweis, wie man den Salzkreis und den Stein aus meinem Amulett zusammen verwenden konnte. Gesagt – Getan. Der Einkauf gestaltete sich anstrengender als gedacht, denn wir mussten den Verkäufern irgendwie klar machen, warum wir diese Mengen kaufen wollten. Wir erzählten der Einfachheit halber, dass wir Fisch und Fleisch pökeln wollten; zum Glück glaubte man uns. Nachdem wir genügend Vorrat hatten, bezahlten wir einen Jungen mit Eselskarren dafür, dass er neben uns her lief und die Ware zur Westminster Abbey transportierte. Wir flüchteten aus der Kälte ins warme Kaminzimmer, wo ich mich auf den freien Platz neben Kieran setzte. Ich dachte nach, denn was hatte mein Stein mit der ganzen Aktion zu tun? Diese Worte verfolgten mich seit meinem Traum. Kieran drehte sich mir zu und lächelte. Ein Anhänger blitzte unter seinem Hemd hervor. Neugierig rückte ich näher. Und noch näher, damit ich ihn richtig sehen konnte. Kieran legte den Kopf schief und zog eine Augenbraue hoch, was mich zum Grinsen brachte. Der Anhänger bestand aus zwei Teilen, einem metallenen Untergrund und einem darauf angebrachten Stein. Ich rutschte mit dem Stuhl heran und biss mir auf die Lippen, als Kieran überheblich lächelte und die Augen schloss. „Na, dann los“, murmelte er und ich packte zu. Ich griff nach seiner Kette und zog sie ihm über den Kopf. Der Stein in der Mitte hatte zwar eine andere Farbe, aber von Prinzip her war sein Amulett das gleiche wie meines. Verblüfft öffnete Kieran ein Auge und ich schlug ihm lachend auf den Arm. „Sagt mal, habt ihr alle solche Amulette?“ fragte ich in die Runde Die anderen griffen an ihre Hälse, und jeder zeigte seinen Anhänger vor. Sie passten von der Form her gut zusammen. Vor uns auf dem Tisch befanden sich ein Tigerauge von Riley, ein Bergkristall von Lilian, mein eigener gelber Achat, Kierans roter Jaspis und der schwarze Onyx von Christopher. „Puzzlespiele waren zwar noch nie meine Stärke, aber das hier werde ich hinbekommen", murmelte ich vor mich hin. Allerdings brauchte ich gar nicht puzzeln, denn als wir so nebeneinander standen, spürte man deutlich, wie sich die einzelnen Steine magisch anzogen. Und mein Stein schien das Herzstück der Ansammlung zu sein. Die Steine rutschten über die Tischplatte und verbanden sich zu einer flachen Scheibe, mit meinem eigenen Stein in der Mitte. Wir sahen uns an, und uns wurde schlagartig klar, dass wir die Macht hatten, den Baka aufzuhalten. Jedoch standen wir noch immer vor dem Rätsel, wie wir unsere neue … Waffe einsetzen konnten. Und damit uns der Dämon nicht erneut durch Unachtsamkeit entkommen konnte, beschlossen wir, mehr über das neue Amulett und dessen Steine herauszufinden. Leider konnte Lilian uns nichts dazu sagen, und so mussten wir uns dem Unumgänglichen stellen … und einmal mehr in die Bibliothek gehen. Wir verbrachten den Rest des Nachmittags damit, Bücher zu wälzen, und als die Nacht hereinbrach, wussten wir, dass bestimmte Steine besondere Eigenschaften besaßen. Wir erkannten Ansätze der 5-Elemente-Lehre darin und ich erinnerte mich schwach an meinen Unterricht in Alchemie. Rileys Tigerauge symbolisierte das Holz und verfügte über die Kraft, vor schwarzen Flüchen zu schützen, es konnte durch einen Bergkristall aufgeladen werden. Wie es der Zufall wollte, besaß Lilian genau solch einen Bergkristall, dieser stand für das Metall und war dafür bekannt, negative Dinge abzuhalten und einen vor schlechten Einflüssen zu bewahren. Mein eigener Stein, der gelbe Achat, war die Erde, er sollte vor schwarzmagischen und dämonischen Angriffen schützen und negative Energien fern halten. Kierans Jaspis stellte das Feuer dar, er gab Sicherheit und lenkte negative Strahlungen ab, womit es Flüche neutralisierte und ihm mediale Kräfte verlieh. Der letzte uns vorliegende Stein war Christophers, dieser war ein Onyx, der das Element Wasser darstellte. Seine Stärken lagen darin, so stand es im Buch, dass uns dieser Stein die notwendige Kraft verleihen, und das Kraftfeld stabil halten würde. Unsere Medaillons, die auf dem Tisch eine flache Scheibe bildeten, strahlten genau dies alles aus, Macht, Kraft und Sicherheit. In unserem Vorhaben bestätigt und sicher, dass wir diese Nacht gewinnen würden, ruhten wir uns aus und stärkten uns mit einem guten Essen. Kieran warf mir ständig Blicke zu, die ich zwar bemerkte, aber ignorierte. Das Essen verlief schweigend, da wir alle unseren Gedanken nachhingen und versuchten, auf die eine oder andere Art das gefundene Wissen zu verarbeiten. Danach trennten wir uns und verbrachten die Zeit bis zur Dämmerung damit, eigene Dinge zu erledigen und uns von dem bevorstehenden Kampf abzulenken. Endlich war es soweit, die Turmuhr schlug und trieb uns aus unseren Kammern. So fanden wir uns alle schwer bewaffnet am Tor ein, um auf die Kutsche zu warten. Der Kutscher schien von unserem Auftreten und Aussehen überrascht, aber er fragte nur nach dem Ziel. Wir ließen den Kutscher vor Whitechapel anhalten und betraten das Viertel, in dem uns gestern der Dämon entkommen war. Christopher führte uns durch das Gewirr der schmutzigen Gassen und zeigte auf einen bestimmten Punkt vor uns. „Ab hier trennen wir uns, habt ihr euer Salz bereit?" Uns allen stand der Mut und die Entschlossenheit sowie eine gewisse Furcht ins Gesicht geschrieben, vor allem mir. Doch wir griffen ohne zu zögern zu unseren Salzbeuteln und öffneten sie. Auf Lilians Zeichen zog jeder von uns einen Teil des Kreises und passte genau auf, dass sich die Enden berührten, weil keine Lücke entstehen durfte. Nachdem der Kreis geschlossen war, stellte sich Lilian in die Mitte und rief den Untoten. „Zeige dich, Jack Baka, den man Jack the Ripper nennt." Die Luft im Bannkreis flimmerte, dann materialisierte sich der Dämon vor unseren Augen. Mit einer leichten Handbewegung zog Lilian einen Schutzkreis um uns und den Dämon, der inzwischen die Falle ahnte und mit aller Kraft gegen das Energiefeld drang. „Das Tor ist geöffnet, jetzt geht es los", flüsterte sie uns zu und hielt das hell leuchtende Amulett hoch. Während der Baka innerhalb des Feldes tobte und wütete, bereiteten wir uns konzentriert auf unseren Angriff vor. Jeder von uns ging mit dem Amulett in der Hand auf ihn zu, denn nur so konnten wir den Kreis enger schließen. Wir waren nur ganz kurz verblüfft, dass sich die Ketten bei uns befanden, doch wir schrieben es den Kräften des Dämons zu, der arg an Lilians Energien zerrte. Die Hexe konzentrierte sich erneut und die Amulette schwebten in ihre ausgestreckte Hand zurück, wo sie wie zuvor zu einer Einheit verschmolzen. Lilian erhob die Stimme gegen das Tosen des Windes im Bannkreis an. „Jack Baka, mit den vereinten Mächten der Natur, entziehen wir uns deiner Diktatur. Den Morden setzen wir ein Ende, das Schicksal nimmt heut’ eine Wende. Durch dieses dichte, magische Band wirst du in deine Dimension verbannt." Sie hob die Hände hoch über ihren Kopf und eine silberne Kette schlang sich von den Amuletten um den Dämon. Dieser heulte auf, seine Silhouette wirkte verzerrt und zerschmolz zu einer schwarzen Wolke. Er wurde dünner, bis er in schwarzen, faulig riechenden Rauch aufgelöst war und schließlich komplett verschwand. Das Höllentor schloss sich und Lilian brach vor unseren Augen zusammen. Auch wir sanken auf den Boden, nur Riley hielt sich krampfhaft auf den Beinen und wankte zu Lilian. „Wir haben es tatsächlich geschafft", flüsterte ich, noch nicht in der Lage aufzustehen. Wir schauen zu ihnen hinüber und Riley nickte uns zu. „Alles soweit in Ordnung, sie ist nur völlig entkräftet." Riley hob das Amulett auf, löste daraus die Kette mit dem Bergkristall und legte sie Lilian sanft um den Hals. Kaum berührte der Stein ihre Haut, pulsierte und erstrahlte er hell. Dieses Strahlen hielt an, bis Lilian sich regte und verblasste schließlich langsam. Wir warteten einen Moment, bis sie auf die Beine kam und gingen schweigend zur Kutsche zurück, wo ihr Riley zur Hilfe eilte und ihr über die beiden Treppenstufen half. Nachdem wir alle eingestiegen waren, setzte sich das Gefährt rumpelnd in Bewegung und brachte uns zurück zur Westminster Abbey. Ich sehnte mich nach einer heißen Dusche, doch dies war mir in diesem Jahrhundert nicht gegönnt. Mehrere Fragen schwirrten durch meinen Kopf und ich brauchte etwas Zeit für mich alleine. Wie geht es nun weiter und was passiert mit mir? Wie soll ich nach Hause kommen? In welchem Jahr würde ich dort auftauchen? Und eine weitere kleine Frage schlich sich still und heimlich in meine Gedanken. Was ist mit Kieran? Lilian riss mich aus den Gedanken, als sie lächelnd meinte, in der Küche würde ein köstliches Mahl auf uns warten. Der Gedanke an das Essen ließ mich für den Augenblick alles andere vergessen und so fielen wir über das Mahl her. Es schmeckte nicht nur verdammt gut, es brachte uns auch in eine angenehm gelöste Stimmung. Der Wein tat ein Übriges, und als mein leerer Teller vor mir stand, spürte ich, wie mich eine bleierne Müdigkeit überfiel. Ich blieb noch einige Minuten, plauderte mit meinen neuen Freunden und entschuldigte mich schließlich, ihnen eine gute Nacht wünschend. Im Moment wollte ich schlafen und erst am nächsten Tag an alles Weitere denken. Wie erschlagen kuschelte ich mich unter meine Decke und schlief fast sofort ein. Mitten in der Nacht schreckte ich jedoch aus meinem Traum hoch. Schlagartig war ich wach und setzte mich kurz auf, an den Traum erinnerte ich mich schon gar nicht mehr. Irgendetwas hatte mich beunruhigt, etwas stimmte nicht und ich fand keinen Schlaf mehr. Grübelnd warf ich mich von einer Seite auf die andere. Da ich eh wach war und in meiner Kammer fror, schlich ich ins Kaminzimmer, wo noch das Feuer brannte. Auf dem Sofa lag diese Decke, die Kieran geholt und mir um die Schultern gelegt hatte. Lächelnd wickelte ich mich hinein und genoss die Wärme, die sich langsam ausbreitete. Einige Minuten starrte ich in die Flammen, dann hörte ich, wie die Tür mit einem leisen Knarren geöffnet wurde. Ich drehte mich um und sah Kieran in der Tür stehen. Wir sahen uns kurz in die Augen, seine hatten das strahlende Blau angenommen. „Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte er schließlich leise und ich nickte. Kieran kam näher und legte mir einen Arm um die Schultern. „Du siehst irgendwie bedrückt aus, gibt es etwas, was du sagen möchtest?" „Ja... nein...", murmelte ich..., "oder doch ... gibt es eine Möglichkeit, wie ich in meine eigene Zeit komme?" „Ja, die gibt es, wenn du wirklich willst." Er seufzte und seine Augen schimmerten plötzlich violett. „Wie machst du das?", wollte ich wissen und blickte ihn fasziniert an, während er grinste. „Wie erkläre ich das am Besten, ohne meine Geheimnisse zu verraten?“, sprach er mehr zu sich selbst und überlegte einen Moment. „Die Zeitreise ändert die Beschaffenheit der Gene." Das verstand ich nicht so ganz, also sah ich ihn fragend an. „Es hängt mit meinen Emotionen zusammen, in meinen Augen kannst du lesen, was ich fühle", erklärte er sehr, sehr leise, ich konnte ihn kaum hören. „Wenn mich jemand ärgert, werden meine Augen rubinrot, wenn ich jemanden...", er drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Seine Augen schimmerten wie Bernsteine. Mein Herz klopfte wie verrückt, trotzdem rückte ich von ihm weg. „Ok, danke, jetzt weiß ich, was es mit deinen Augen auf sich hat, aber wie komme ich nach Hause?" Ich musste mich mehrfach räuspern und traute meiner Stimme trotzdem nicht. "Na ja, versuche einfach, alles, was du beim Herkommen getan hast, rückwärts zu erledigen", meinte Kieran boshaft. „Meine Kamera ist dort geblieben, das wird wohl nichts mit deiner Theorie, und – wieso bringst DU mich nicht zurück, Mr. Zeitreisender?", begehrte ich auf und fuchtelte mit beiden Händen vor seinen inzwischen wieder blauen Augen. Er packte meine Arme, hielt mich fest und zog mich zu sich. Nach diesen Worten verfielen wir beide in ein Schweigen, denn jeder von uns suchte nach einer Lösung des Problems. „Es ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort", sprachen wir beide zeitgleich aus. Riley kam zu uns ins Zimmer geplatzt. "Dachte ich mir, dass ich euch hier finde", lachte er. „Holly, Lilian hat einen Weg für dich gefunden, nach dem Frühstück reist du heim." Als ich das hörte, war ich gleichzeitig glücklich und traurig. Im ersten Augenblick wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Einerseits wollte ich zurück, andererseits meine neuen Freunde nicht verlassen. Während ich versuchte, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen, schlief ich, an Kieran gelehnt, ein. Ich kam erst zu mir, als jemand mich an der Schulter packte und rüttelte. „Bist du bereit?", frage Lilian und ich sprang auf die Füße. „Na, natürlich... ich hatte nichts dabei..." Den Zauberstab hatte ich vergessen, daher lief ich noch einmal in mein Zimmer, um ihn zu holen, wie auch das Kleid, das ich auf der Feier getragen hatte. Mit Schlafkörnern in den Augen sagte ich: „Verdammt, dieser verfluchte Reißverschluss!" Und stolperte aus der Kammer. Tja, an meinem Verhalten konnte man sehr gut erkennen, das ich nicht vollständig wach war. Dass das nun alles so schnell ging, verwirrte mich, ich wollte mich wenigstens verabschieden. Ich beeilte mich, nachdem ich alle Sachen beisammen hatte und kehrte zu den anderen zurück. Lilian erklärte mir, das ich das gerade offene Zeitfenster erwischen müsste. Ich schaffte es, mich von allen, außer von Kieran, zu verabschieden, als dieser mich in das offene Zeitfenster, das sich bei der vermeintlich aufgemalten Tür befand, schubste. Ich warf Kieran einen letzten Blick zu und dann wurde ich von einem Sog erfasst und durch die Zeit gerissen. Nach endlos scheinenden Sekunden schlug ich mit den Knien auf dem harten Boden auf. Mir war so übel, dass ich die Augen schloss und mich darauf konzentrierte, mich nicht zu übergeben. Mühsam setzte ich mich auf eine Parkbank und atmete tief durch. Nachdem ich mich im Griff hatte, blickte ich mich um. Zu meiner Erleichterung sah ich nicht nur den Big Ben vor mir, nein, ich entdeckte ebenfalls ein Plakat mit der Aufschrift: Große Neueröffnung im London Dungeon am 05.01.2010, jetzt neu mit der Sonderausstellung zu Jack the Ripper Gefasst ging ich merklich erleichtert zu mir nach Hause. Dort stolperte ich über einen Stapel Zeitungen, ehe ich in meine Wohnung konnte. Ich schloss die Tür auf und betrat erleichtert die vertrauten Räume. Auf meinem Couchtisch sah ich meine Kamera und eine beiliegende Nachricht. Habe deine Kamera gerettet. Ich hoffe, du hattest viel Spaß mit diesem hübschen Kerl. Ruf mich an, wenn du Zuhause bist, Victoria Die nächsten Tage waren zäh wie Kaugummi. Ich telefonierte mit Victoria, der ich natürlich nichts von meinem Ausflug verriet. Meine Kamera war zum Glück intakt und ich schaute mir auf meinem Rechner die Bilder an, die ich direkt im Geschäft auf CD hatte brennen lassen. Von Kieran waren auch welche dabei, die ich ausdruckte und in einen Rahmen steckte. Etwa eine Woche später weckte mich ein Geräusch an meiner Eingangstür. Ich schlüpfte in meinen Morgenmantel und die plüschigen Pantoffeln, dann ging ich nachsehen. Auf der Fußmatte befand sich ein kleines Päckchen und ein Briefumschlag. Beides nahm ich mit nach drinnen, wo ich das Geschenk mit zittrigen Fingern öffnete. Zum Vorschein kam mein Amulett. Mir traten die Tränen in die Augen. Vorsichtig öffnete ich die Nachricht. Das hast du wohl vergessen. Unterschrieben war die Nachricht mit einem schwungvollen K. 13 Jahre später: Ich hielt einen Brief in meinen Händen. Hallo Mum, hallo Dad, hier in Hogwarts ist es echt toll. Der Sprechende Hut hat mich heute in eines der Häuser eingeteilt. Stellt euch vor, ich bin eine Slytherin geworden, obwohl der Hut mich nach Gryffindor schicken wollte. Ich habe so lange mit ihm diskutiert, bis er mir Recht gab. Kieran schaute mich breit grinsend an. „Sie kommt eindeutig nach dir, Darling." Ich nahm meine alte Spiegelreflexkamera aus der Vitrine und strich lächelnd darüber. Im Glas konnte ich sehen, wie meine Augen giftgrün blitzten. Ende Geschrieben von jettie, Sachmet, Talona, Coraline Snape, Loki, Corax, Altron, serpiens, -Der-Sucher-, Hermione, Ceene Nosmion, Saphyr, Annele, Selina Riddle, Annemarie, binchen, Buretz, Sidhe, Tabi, Vega, Charisma, Kaba,Khell, Minchen Cullen, Paige, Quick, Sahne