Katharina Schratt - --
Franz litt immer mehr unter Einsamkeit. Den ganzen Tag saß er an seinem Schreibtisch und nur selten schaffte er es wenigstens ins Theater zu gehen. Dabei sah er sich selten ein komplettes Stück an. Meistens sah er nur ein paar Szenen und verschwand dann wieder. Der Dezember 1873 brachte eine Wende in Franz` Leben. Es wurde das 25jähriges Regierungsjubiläum gefeiert, wo neben einem großen Fest eine Gala-Vorstellung zu Ehren des Kaisers gegeben wurde. Es wurde ein Stück von Shakespeare aufgeführt, welches Franz überaus gut gefiel. Dabei gefiel ihm weniger das Stück, als die junge Schauspielerin Katharina Schratt. Franz behielt die damals zwanzigjährige in bester Erinnerung und nahm sie anschließend auch unter Vertrag, damit die junge Schauspielerin noch oft auf der Wiener Bühne auftreten konnte. Das wurde damals häufig gemacht, da der Kaiser Geldgeber der österreichischen Bühnen war. Es war daher auch ein Brauch, dass die engagierten Schauspieler um eine Audienz beim Kaiser baten, um sich zu bedanken. Auch Katharina Schratt machte sich 1883 auf den Weg in das kaiserliche Schloss. Katharina war Tochter eines Bäckers und verheiratet mit einem ungarischen Großgrundbesitzer. Dieser hatte sich jedoch, wegen seiner großen Schulden, nach Amerika abgesetzt. Franz war bei der Audienz noch begeisterter von der Schauspielerin und verliebte sich augenblicklich in sie. Sissi hatte zwischenzeitlich oft ein schlechtes Gewissen, weil sie ihren Mann so vernachlässigte, dass sie nach Möglichkeiten suchte, um ihren Mann aufzuheitern. Eifersuchtsgefühle kannte sie schon lange nicht mehr. Nachdem sie zufällig mitbekam, dass Franz Gefühle für Katharina hegte, versuchte sie ihren Mann nun enger mit der Frau zusammenzubringen. Erste Treffen bot zunächst das Burgtheater, wobei der Kaiser äußerst vorsichtig sein musste. Das Hofzeremoniell verbot ihm engeren Kontakt zu Untertanen. Bald merkten jedoch immer mehr Leute, wie sehr sich Franz für die junge Schauspielerin interessierte. Oft verwickelte der Kaiser die Bürgerliche in aller Öffentlichkeit in längere Gespräche. Sissi arrangierte die Treffen zwischen den beiden und gab sogar dem Maler den Auftrag Katharina Schratt zu malen. Bald wurde klar, dass die Kaiserin ihren Mann mit der Schauspielerin verkuppeln wollte. Aus Dank für Katharinas Mühen überreichte Sissi ihr diverse Schmuckstücke, so dass sie zum Schluss eine der wertvollsten Juwelensammlungen Österreichs vorweisen konnte. Sissi achtete ganz genau darauf, dass der Kontakt zwischen den Beiden nicht abriss. Desto mehr Zeit Franz mit Katharina verbrachte, umso freier fühlte sich Sissi. Katharina gab Franz das, was Sissi ihm nie geben konnte: Weibliche Wärme und einen unverkrampften Umgangston. Sissi fand immer mehr heimliche Orte, an denen die Beiden sich treffen konnten. Unter anderem trafen Franz und Katharina sich in der kleinen Wohnung von Ida Ferenczy, Sissis engster Vertrauten. Franz und Sissi konnten sich auf Idas Verschwiegenheit ganz verlassen. Zunächst revanchierte sich der Kaiser bei Katharina mit Schmuck und schließlich erhielt die Frau eine offizielle Apanage in Höhe von 30.000 Gulden im Jahr. Katharina kaufte von diesem Geld eine kleine Villa, in der sie den Kaiser jederzeit empfangen konnte. Zudem brauchte Katharina das Geld für ihre kostspielige Garderobe und um ihre Spielschulden zu begleichen, da sie gerne Roulette spielte. Sobald Franz einmal mürrisch wurde, was selten der Fall war, vermittelte Sissi sofort und diskret zwischen den beiden, da sie nicht wollte, dass diese Beziehung auseinander brach. Franz verehrte Katharina so sehr, dass er sie sogar häufig zum Essen in der Hofburg einlud, was gegen jede Regel des Zeremoniells war. Sissi und die jüngste Tochter Marie Valerie waren häufig bei diesen Anlässen zugegen. Marie litt sehr unter der außerehelichen Beziehung ihres Vaters, doch auf die Gefühle der Tochter nahm keiner Rücksicht. Ob die Liebe zwischen Franz und Katharina auch in sexueller Hinsicht bestand, kann heute nicht gesagt werden. In einem Brief von Franz an Katharina kann man von einer rein platonischen Beziehung ausgehen. Der damalige Chef des Hoftheaters Paul Schlenther wollte die Privilegien der jungen Schauspielerin nicht länger dulden und griff ohne Rücksicht auf das Kaiserhaus durch. Katharina war äußerst beleidigt und drohte mit Kündigung, wohl in der Hoffnung, dass es niemand wagen würde Katharina vor die Türe zu setzen. Dabei täuschte sie sich jedoch. Paul Schlenther nahm die Kündigung gerne entgegen und reichte sie dem Kaiser weiter. Um einen Skandal zu umgehen, mischte sich der Kaiser nicht ein und bewilligte die Kündigung, was wochenlang zu privaten Spannungen führte. Sissi war äußerst besorgt und vermittelte wieder diskret zwischen Katharina und Franz. Sie sorgte dafür, dass Franz Katharina Schmuck schickte und alle Spielschulden der Frau tilgte. Somit war die Angelegenheit für alle Beteiligten zufriedenstellend geklärt worden. Die Freundschaft zwischen Katharina und Franz war auch nach Sissis Tod noch vorhanden. Böse Zungen behaupteten sogar, dass Franz die bürgerliche Katharina heimlich geheiratet hätte, doch Beweise dafür gab es nie. Es steht jedoch fest, dass Katharina den Kaiser bis zu ihrem Tod verehrte. Nach Franz` Tod ging sie regelmäßig in die Kapuzinergruft und legte frische Rosen auf sein Grab.