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„Das Pinke“, entgegnete Jess bestimmt und fuchtelte mit dem grässlichen Teil vor Lizzies Nase herum, welches garantiert mehr von meiner Haut frei ließe, als es bedecken würde. Lizzie schlug das kurze Kleidchen mit der Hand zur Seite und schaute Jess entsetzt an. „Bist du nicht ganz dicht? So etwas kann sie doch nicht anziehen! Darin würde sie ja so aussehen wie du!“ Meine Freundinnen starrten sich herausfordernd an, keine war bereit nachzugeben. Und mich fragte natürlich niemand, was ich denn anziehen wollte. Als ob ich nichts zu sagen hätte! „Also, ich würde ...“ „Sei still!“, zischten beide gleichzeitig und sahen mich böse an. „Wir sind in einer wichtigen Diskussion!“, meinte Lizzie und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Und das ist wohl ganz in deinem Interesse. Schließlich musst du Gutes für die Party finden. Und statt uns zur helfen, störst du uns nur mit deinem unwichtigen Geplänkel!“, setzte Jess noch eins drauf. Ich kannte meine Freundinnen gut genug, als dass ich mich ärgern würde. Es war ziemlich normal, dass ich, wenn es um Klamotten und die neuste Mode ging, kein Wort mitzureden hatte. Schließlich war ich die mit dem schlechten Modegeschmack. Ich schnaubte. Außerdem war ich auch die, welche die Klamotten hinterher tragen musste. Da sollten sie mich wirklich mitbestimmen lassen. Ich öffnete gerade den Mund, um ihnen eine hitzige Antwort an den Kopf zu werfen, da wandten sich beide wie auf Kommando ab. Lizzie hob den hellblauen Minirock hoch und nahm mit der anderen Hand das orange Top vom Haken. „Das hier passt viel besser und es passt gut zu ihren Haaren.“ „Zu hellbraunen Haaren passt alles und das hier“, Jess hielt wieder das kurze Kleidchen hoch, „ist eindeutig das bessere. Es betont ihre Figur, sie sieht sexy aus und sie fällt bestimmt auf. Er könnte sie gar nicht übersehen.“ Sie sah Lizzie herausfordernd an, doch diese lächelte nur herausfordernd. „Glaubst du, dass es sehr gut ankommt, wenn plötzlich eine aufgestylte Tussi auf der Party auftaucht? Ihre Klamotten sollten schon einigermaßen ihren Charakter widerspiegeln – und mit ihrem Charakter mein ich auch wirklich ihren Charakter und nicht deinen!“ Jess schnaubte. „Sollte das wieder eine Beleidigung sein? Du weißt genau, meine Liebe, dass ich mich selbst gut genug kenne, sodass mich deine Bemerkungen nicht im geringsten treffen. Vielleicht bin ich ein wenig oberflächlich, doch in mancher Hinsicht bin ich reifer als ihr.“ Das blonde Mädchen blickte aus dem Schaufenster und zwinkerte zwei Jungs zu, die interessiert in den Laden sahen. Der eine grinste und winkte lässig zurück. Dann waren sie verschwunden. Lizzie tat, als wäre nichts passiert. „Ich bin immer noch für den Rock. Da kann man wenigstens mit reinem Gewissen sagen, dass wir sie nicht gezwungen haben, mit einem Ding zur Party zu gehen, dass einen noch weniger bedeckt, als Tarzans schöner Lendenschurz, und ich muss ehrlich sagen, sogar der sieht besser aus.“ Ziemlich gelangweilt wandte ich mich ab und schritt durch die Kleiderständer, um mal hier und da etwas herauszunehmen und es genauer zu betrachten. Ich fand schon einige ziemlich gute Sachen und beschloss, noch mal mit Lizzie und Jess über die Auswahl meines Party-Outfits zu reden. Als ich dabei war, mir zwischen den ganzen Stoffen einen Weg zu bahnen, hörte ich eine mir unbekannte, aber doch so vertraute Stimme, dass ich wie angewurzelt stehen blieb. Leicht geschockt blickte ich hinüber zu den Umkleiden. „Diana, dass sieht ziemlich langweilig aus!“, meckerte eine hohe, in den Ohren schmerzende Stimme. Die Antwort darauf war nicht weniger schmerzhaft. „Ich weiß, Pia! Aber in diesem Laden gibt’s echt keine coolen Klamotten. Wie soll ich ihn beeindrucken, wenn es hier nur Waschlappen zu kaufen gibt?“ In diesem Moment öffnete sich die Tür zu einer der Umkleidekabinen und heraus kamen – wie erwartet – Blondie und ihre Busenfreundin. Was die hier wollten? Es war schon schlimm genug, die Tussi immer wieder mit ihm flirten zu sehen, nun musste sie auch gerade dort auftauchen, wo ich sie nicht haben wollte. Am Schluss würde ich noch vor lauter Verzweiflung Klamotten anziehen, die eher in ihren Kleiderschrank gehörten. Diana hakte sich bei Pia ein und ich hörte, wie das Mädchen mit den schwarzen Haaren seufzte. „Wir hätten doch gleich das Pinke nehmen sollen. Es war perfekt. Wir könnten noch einmal in das Geschäft gehen. Es ist ja nur zwei Straßen entfernt ...“ Diana schnaubte. Dann blieb sie stehen und überlegte kurz. „Du hast Recht. Die Farbe steht mir am besten. Und ich wette, ihm gefällt sie an mir ... und ich hasse lange Kleider.“ Sie sah sich angewidert um. „Die beste Auswahl gibt es doch bei Leonas Boutique.“ Ich kniff die Augen zusammen. Diana zog ihre Freundin hinter sich her, während sie aus dem Geschäft stolzierte und als schließlich die Ladentür hinter ihnen zufiel, bewegte ich mich endlich. Hastig stolperte ich zwischen den Klamotten hindurch und zu Jess und Lizzie hinüber. Sie waren immer noch in diese nebensächliche und total überflüssige Diskussion vertieft. Ich riss Jess das blaue Kleid aus der Hand und blickte die beiden entschieden an. „Ich nehme dieses“, meinte ich entschieden, doch mit einer etwas zittrigen Stimme. Was tat man nicht alles, um dem Typen zu gefallen, den man mochte ... Jess bemerkte nichts. „Sag ich doch. Ich weiß eben besser, was ihr gefällt!“