It’s Partytime -

It’s Partytime

Mit zitternden Knien stieg ich aus dem Wagen von Jessicas Mutter. Der schwarze Mercedes hatte direkt vor Anns Haus angehalten, sodass wir nicht mehr weit gehen mussten. Während Jess völlig locker einem Samstagabend auf einer Party entgegensah, wirkte Lizzie fast genauso nervös wie ich. Ihre Finger hatte sie in den dunklen Stoff ihres Rockes gekrallt und ihre Haare hingen ihr ein wenig wirr ins Gesicht. Doch das würde ja nicht weiter auffallen, wenn später alle auf der Tanzfläche so aussahen. Ich fühlte mich in meinem blauen Fummel ziemlich nackt, das musste ich zugeben. Er reichte mir nur knapp bis zu den Oberschenkeln und der Ausschnitt war für meinen Geschmack ziemlich tief. Doch damit konnte ich leben ... wenn er mich beachten würde. Ich hatte mir noch eine von Jess` dunkelblauen Ketten umgehängt und die Haare hochgesteckt, sodass ich einigermaßen vorzeigbar aussah, wie Jess es formuliert hatte. Diese trug ein Kleid, das meinem ziemlich ähnlich war, wenn man davon absah, dass ihres weinrot war und am Saum dichte Fransen besaß. Sie sah, das musste ich zugeben, ziemlich gut aus. Ihre Haare fielen ihr offen auf die entblößte Haut des Nackens und ihre Schuhe hatten solche Absätze, dass ich mich fragte, wie sie damit auf der Tanzfläche zurechtkommen wollte. Doch ich glaube, ihr ging es hauptsächlich darum, Lukas zu beeindrucken. Wir gingen langsam die Treppen zur Haustür hoch, wobei Jess` Absätze laut auf dem Gehweg klackerten. Aus dem Inneren des Hauses drang laute Musik. Nervös hob sich meine Hand, um wie immer das Haar zurückzustreichen, da fiel mir ein, dass es nicht so wie sonst offen herabhing. Etwas verunsichert ließ ich die Hand wieder fallen. Ich zog die schwarze Jacke enger um mich und schaute zu meinen Freundinnen. Jess fing meinen Blick auf und grinste. „Du bist etwas blass.“ Kräftig zwickte sie mir in die Wangen. „Schon besser!“ Zufrieden wandte sie sich der Tür zu und klingelte. Kurz darauf öffnete uns eine ziemlich gehetzt aussehende Ann. Als sie uns sah, lächelte sie freudig und neigte leicht den Kopf. „Schön, dass ihr auch hier seid. Obwohl ich sagen muss, ihr seid ziemlich spät.“ Mit diesen Worten ließ sie uns herein.

.xx.

Mein Blick schweifte etwas unsicher durch den Raum, während ich lässig in der Tür stand. Während ich meine Jacke weggebracht hatte, hatten sich sowohl Jess als auch Lizzie aus dem Staub gemacht. Eigentlich hätte ich wütend sein sollen, doch mir war es eh lieber, mich erstmal allein umzusehen. Am Rand der Tanzfläche sah ich Lizzie, die sich etwa unbeholfen zu der Musik bewegte, und Emily, die ohne Pause auf meine Freundin einredete. Ich grinste. Das Mädchen konnte wirklich keine Minute schweigen. Als ich zu der Theke hinüber sah, kicherte ich leise. Jess saß da, wie eine Diva, die Beine überschlagen und die Hände brav im Schoß gefaltet, neben ihr saß ein mir unbekannter Junge. Wahrscheinlich war es Jason, ihr neuer Freund, den sie letztens lauthals auf dem Flur verabschiedet hatte. Um sie herum standen und saßen mehrere Leute, vor allem Jungs, wie mir auffiel. Jess hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt und ihr Flirtgesicht aufgesetzt, während sie mit einem koketten Lächeln auf die Jungs einredete. Jason schien es nichts auszumachen. Anscheinend kannte er meine Freundin schon gut genug, als dass er dachte, sie wolle ihn hintergehen. Ihr Verhalten war einfach ... typisch Jessica. Während der DJ eine neue Platte auflegte, verließ Lizzie die Tanzfläche und kam zu mir herüber. Sie sah ziemlich mitgenommen aus und ihre Lippen waren zu einem grimmigen Lächeln zusammengezogen. Ich dachte schon, dass sie sauer auf mich war. Doch als sie schließlich bei mir ankam, mir promt das Glas aus der Hand riss und anfing, sich zu beschweren, da beruhigte ich mich wieder. „Wieso?! Wieso bin ich zu dieser dämlichen Party gekommen? Erstmal sind wir eine halbe Stunde zu spät – nur weil Jess sich schminken musste – und jetzt muss ich mir auch noch Emilys elende Lästereien anhören. Wusstest du schon, das Michelle aus der Parallelklasse sich eine total dämliche Frisur hat schneiden lassen? Oh mein Gott, jetzt fang ich auch schon an. Du weißt ja gar nicht, wie einem das auf die Nerven gehen kann. Ich bin ja nicht so der Partytyp, aber bis jetzt stand ich nicht immer allein am Rand herum!“ Ich räusperte mich energisch. Lizzie warf mir einen irritierten Blick zu. „Oh, tut mir Leid Joy, aber ehrlich, das ist doch nicht zum Aushalten. Aber eins solltest du wissen, der Süße dahinten gehört mir. Mir allein. Falls du zu Jess durchkommen solltest, sag ihr Bescheid, nicht dass sie es mir versaut. Soll ich ihn ansprechen?“ Meine beste Freundin warf einen schwärmerischen Blick hinüber zur Terrassentür, wo ich zwei Jungs stehen sah, die just in dem Augenblick zu uns rübersahen. Ich grinste. „Welcher?“ „Der mit den schwarzen Haaren und den supertollen blauen Augen!“ Lizzies Stimme zitterte vor Bewunderung und ihre Finger krallten sich unkontrolliert in meinen Arm. Ich musste eingestehen, der Typ sah echt scharf aus. Aber dass Lizzie sich neuerdings für Jungs interessierte! Sie war doch immer schon die Vernünftige gewesen ... „Lizzie, hast du zufällig schon etwas getrunken?“, fragte ich daher vorsichtig und versuchte, meiner Freundin in die Augen zu sehen, was schwierig war, denn sie versuchte immer wieder, an mir vorbei zu dem Typ zu gucken. „Lizzie!“ „Kann schon sein“, gab sie zähneknirschend zu und sah mich mit ihren großen, treuherzigen Augen an. „Aber nur ein wenig, du weißt ja, dass mir das sonst nicht passiert. Ich trinke nicht. Aber ich hatte Durst und Jess hat mir so ein tolles Getränk hingestellt ...“ Ich schaltete ab. Das war ja nun nichts Neues. Ich warf einen wütenden Blick zur Theke, doch ich wurde enttäuscht. Statt wie erwartet Jess zu sehen, sah ich nur die Meute enttäuschter Jungen, die sie vorher noch umringt hatten. Einige Mädchen, die aussahen, als ob sie in den Farbeimer gefallen wären, trippelten auf hochhackigen Schuhen um sie herum. Leicht enttäuscht wandte ich den Blick ab und versuchte, Jess irgendwo anders zu entdecken. Doch meine Freundin war wie vom Erdboden verschluckt. „Ich glaube wirklich, ich spreche ihn an“, meinte Lizzie in diesem Moment und der entschlossene Unterton passte ja so gar nicht zu ihr. „Er scheint sich schließlich auch für mich zu interessieren ...“ Ich blickte wieder zu ihrer Entdeckung und sah, wie der Junge die Hand hob und zu uns herüber winkte. Lizzie hob die Hand. „Ja, geh nur. Ich komm schon klar.“ Ich gab ihr einen leichten Schubs und sie ging mit gemäßigten Schritten zu dem Typ hinüber. Ich dagegen fand, wen ich zu finden erhofft hatte. „Du bist ein verdammtes Arschloch, Lukas!“ Die laute Stimme übertönte selbst die dröhnende Musik und ich seufzte tief, bevor ich mich auf den Weg in den Garten machte.