Hogwartstreffen der anderen Art - -
Eines Morgens sagte mein Sohn Bastian beim Frühstück: „Mama, wenn ich in die Schule komme, möchte ich richtig coole Muggelkleidung haben. Am besten von den Wilden Kerlen.“ „Von was?“, fragte ich ihn verdutzt. „Wilde Kerle! Das sind total coole Jungs, die viele Abenteuer erleben. Bitte, Mama.“ „Mal sehen“, sagte ich, um Zeit zu gewinnen, denn ich konnte mir nicht viel darunter vorstellen. Einige Tage später trank ich bei EULE unseren üblichen Montagmorgenkaffee und wir unterhielten uns darüber. Sie war sofort begeistert und so wurde das nächste Abenteuer geplant, denn Muggelkleidung bekam man nur in einer Muggelstadt. Es war nur noch die Frage, wohin es gehen sollte. Aber auch dies war nach einem Treffen mit anderen Hogwartsschülern in der Großen Halle schnell geklärt. Jettie und Caro schlugen die Muggelstadt Düsseldorf vor, und sie wollten uns sogar begleiten. Sie waren schon öfter in Düsseldorf gewesen und kannten sich dort bestens aus. Damit war die Gefahr gebannt, dass wir uns in der großen Muggelhauptstadt des Muggelbundeslandes Nordrhein-Westfalen verliefen. Ich hatte mich diesmal sehr gut auf unser Abenteuer vorbereitet und Fahrstunden beim Muggelchauffeur genommen, sodass ich mir zutraute, die ganze Strecke mit dem Auto zu fahren. Ich packte noch eine Wegbeschreibung ein, und bevor ich losfuhr, gab mir der Muggelchauffeur ein Minitelefon mit, damit wir bloß nicht unsere Zauberstäbe nutzten, falls etwas Unvorhergesehenes geschehen sollte. Er erklärte mir, wie es funktionierte und bestätigte mindestens zehn Mal, dass dort keine Eule drinsaß, die die Nachrichten weiterschickte. Ich war so aufgeregt, dass ich gar nicht richtig zuhörte. Das sollte sich später noch rächen. An einem schönen, aber sehr kühlen Junitag war es endlich soweit. Früh morgens fuhren Bastian und ich los, um EULE abzuholen. Während der ganzen Fahrt blinkte ein kleines rotes Lämpchen mit Wellen darauf. Es wurde richtig heiß im Auto und ich musste das Fenster öffnen, damit es auszuhalten war. Zum Glück war es bis EULE nicht so weit und ich versuchte, beim Muggelchauffeur anzurufen, um meinem Ärger Luft zu machen. Ich nahm das Minitelefon in die Hand und überlegte, was der Muggelchauffeur gesagt hatte. „Hätte ich doch bloß besser zugehört!“, schimpfte ich mit mir selbst. Ich drückte wild irgendwelche Tasten und plötzlich gab es ein Tuten von sich. Ich erschrak und ließ das Handy – so nennen die Muggel das Minitelefon – fallen. Plötzlich sagte eine Stimme: „Hallo?“ „Bert? Bist du das?“, rief ich aus sicherer Entfernung. Ich wollte ja nicht, dass es mich biss. Irgendwie waren mir diese Muggeldinge nicht geheuer. „Bist du geschrumpft? Wie kommst du da rein?“, rief ich verdutzt. Ein Seufzen war die Antwort denn er hatte es mir ja ausführlich erklärt. Damit es nicht noch peinlicher wurde, kam ich zu meinem eigentlichen Anliegen und machte meinen Ärger über das kaputte Auto Luft. Der Muggelchauffeur klärte mich auf, dass das Auto nicht kaputt sei, sondern dass lediglich Wasser für den Kühler fehlte. Ich rollte mit den Augen. „Was ist denn ein Kühler?“ dachte ich, fragte aber sicherheitshalber diesmal nicht nach. Als wenn er meine Frage erahnt hätte, sagte er: „Du musst Wasser in den Kühler schütten. Am besten lässt du es von deinem Vater machen, der kennt sich damit aus.“ Nach meiner Ankunft bei EULE erzählte ich sofort von meinem Problem und mein Vater und ich gingen zum Auto. Ich ließ mir erklären, wie und wo ich das Wasser eingießen musste und stellte fest, dass es erstaunlich einfach war. Ich trank noch eine Tasse Kaffee, um mich zu beruhigen und endlich, nach langem Drängen von Bastian, fuhren wir los. Die Hinfahrt war einfach und in Höhe Gelsenkirchen winkten wir Ehlana und Alena zu, denn das hatten wir ihnen versprochen. Wir waren alle gut gelaunt bis, ja bis an der Abfahrt Richtung Düsseldorf stand: „Vollsperrung auf der A 52 Richtung Düsseldorf“ PANIK!!! Genau diese Abfahrt mussten wir ja nehmen. Wo müssen wir jetzt hin? Wir sahen uns schon durch ganz Düsseldorf irren oder unsere Zauberstäbe benutzen. Doch konnten wir das wagen? Waren nicht zu viele Muggel unterwegs? Wir beschlossen, lieber mit dem Minitelefon bei jemandem anzurufen, der das wissen musste. Wir durften dem Zaubereiministerium ja keine Arbeit machen, sonst würden sie uns die Reisen in die Muggelwelt verbieten. Wir erhielten die beruhigende Mitteilung, dass wir die nächste Abfahrt nehmen könnten und dann Richtung Flughafen weiterfahren sollten. Das klappte sehr gut und nach einiger Zeit standen wir auf einem Parkplatz am Rheinufer. Hier wollten wir auch hin. Unsere Wegbeschreibung hatte uns also sehr geholfen. Wir gingen in die Stadt und beschlossen, das nächste Kaufhaus zu entern. Wir waren noch gar nicht richtig drin, da sagte mein Sohn: „Mama, ich habe Hunger.“ Ich seufzte. Er hatte doch schon gefrühstückt. Schließlich gab ich nach, da ich auch noch nichts gegessen hatte. „Aber erst einmal gehen wir auf Toilette“, sagte ich. EULE und Bastian stimmten mir zu und wir suchten nach Hinweisschildern, die uns dorthin führen sollten. Diese fanden wir an der Rolltreppe und praktischerweise gab es auf dieser Etage auch etwas zu essen. Also per Rolltreppe, das kannten wir ja schon, rauf zum Restaurant, hineingegangen und den Hinweisschildern zur Toilette gefolgt. Dass die Muggel Schilder lieben und diese nicht ganz umsonst rumstanden, hatten wir in unserem ersten Abenteuer ja gelernt und dieses Mal achteten wir auch darauf. Wir liefen durch die ganze Etage und standen plötzlich wieder vor dem Restaurant. Die Schilder dort hatten wir übersehen. Die waren aber auch viel zu klein. Nach dem Frühstück gingen wir durch die Etage und liefen sofort auf den Wilde -Kerle-Ständer zu. Das waren wohl die Sachen, die Bastian haben wollte. An seinem breiten Grinsen konnten wir erkennen, dass wir hier richtig waren. Er stürzte mit einem lauten „da sind sie ja“ auf den ersten Kleiderständer zu und fing an, die einzelnen Sachen näher zu betrachten. Er war so begeistert, dass er am liebsten alles mitgenommen hätte. Es gab kleinere Probleme mit der Größe der T-Shirts, aber das wurde schnell gelöst und Bastian war sehr glücklich. Endlich hatte er „seine“ Wilde-Kerle-Sachen. Somit konnten wir uns nun auf unser Treffen mit jettie und Caro vorbereiten und machten uns auf den Weg zur U-Bahn. Das ist ein Zug, der unter der Erde herfährt. Als wir unten ankamen, blickten wir uns um. Die Räumlichkeiten waren doppelt so groß wie die Große Halle. „Boah, wie kriegen die Muggel denn so große Räume hin?“, fragte ich EULE verwundert. „Und das ganz ohne Zaubern!“, bestätigte EULE. Wir hatten uns am Treppenaufgang platziert, damit man uns gleich sah. Natürlich kamen jettie und Caro NICHT auf dieser Treppe herunter. Ich sagte zu EULE, dass sie mit auf die beiden achten sollte, bis mir einfiel, dass sie sie gar nicht kannte. Glücklicherweise haben sie uns dann gefunden und wir machten uns gemeinsam auf Shoppingtour. Es sollten Kleider angeguckt und evtl. gekauft werden und Bastian brauchte noch, natürlich zum Outfit passende, Schuhe. Plötzlich meinte jettie: „Wisst ihr, dass heute hier in Düsseldorf ein Hogwarts-Treffen ist?“ Uns standen nur Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. „Wie jetzt, hiiierr??? HEUTE????“ „Ja, und alle Häuser sind vertreten“, konnte sie sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. So langsam, aber auch nur ganz langsam, fielen bei uns die Sickel. Klar, WIR waren das Treffen, denn es waren Schülerinnen aus allen Häusern da. Hätte man das als Hogwartstreffen planen wollen, hätte es garantiert nicht geklappt. Wir liefen durch viele Geschäfte und jettie probierte hier und da ein Kleid an. Düsseldorf war riesig groß. EULE und ich vergaßen vor lauter Umschauen und Staunen, weiterzugehen. Wir sahen einen Zug, der direkt durch die Stadt fuhr. Er war kleiner als ein normaler Zug, den wir kannten. Jettie klärte uns auf, dass dies eine „Straßenbahn“ sei, und zog uns weiter. „Es gibt ganz schön viele verschiedene Züge“, murmelte ich. Da die Muggel weder einen Portschlüssel nutzten, noch apparieren konnten, hatten sie sich gute Fortbewegungsmittel einfallen lassen. Mir gefiel ja das Fahrrad am besten, aber es war bestimmt anstrengend, damit zu fahren. Plötzlich hörten wir ein lautes Grummeln. Erschrocken schauten wir uns um, nur EULE nicht. Sie hielt die Hände vor dem Bauch und hatte einen hochroten Kopf. Wir anderen drei lachten. So konnte man auch anmelden, dass man Hunger hatte. Nachdem wir uns alle beruhigt hatten, sahen EULE und ich ein großes Schild mit einem gelben „M“ darauf. Dieses weckte unsere Neugierde und wir wollten dort mal schauen, was es so gab. Zum Glück für EULE und mich waren Bilder angebracht und das Essen beschrieben, sodass wir uns vorstellen konnten, was dort angeboten wurde. Schließlich kannten wir uns mit den Muggelgerichten ja nicht aus. „Ich möchte Nägels“, rief Bastian. „Nägels?“, frage EULE, „das gibt es nicht.“ „Doch, da auf dem Bild sind doch welche“, sagte Bastian und zeigte auf ein Bild. „Nuggets“, las EULE laut vor und wir mussten lachen. Bastian fand das gar nicht lustig und schmollte. Als er aber seine „Nägels“ in der Hand hielt, war er wieder zufrieden und uns gar nicht mehr böse. Das Essen schmeckte uns sehr gut und wir fanden, dass die Muggel einen guten Geschmack hatten. Als wir nach dem Essen ins nächste Kaufhaus gehen wollten, ging ein starker Regen herunter und wir wurden ziemlich nass. Hatte sich da wohl jemand an einem Wetterzauber versucht? Ich schaute jettie an, die doch so gerne Zauber ausprobierte. Sie winkte ab und sagte: „Ich war das nicht!“ Glücklicherweise war das nächste Kaufhaus nicht weit entfernt, sodass wir schnell wieder im Trockenen waren. Es wurde immer später und so langsam taten uns vom vielen Laufen die Beine weh. Auch Bastian war für jede Pause dankbar. Hier mal eben hinsetzen, dort einen Kaffee trinken und ein leckeres Eis essen, bis jettie dann ihren Zettel mit den Abfahrtzeiten der U-Bahn herausholte. Sie stellte fest, dass sämtliche Abfahrtzeiten, die sie sich notiert hatte, schon überschritten waren. Unser Einkaufen hatte länger gedauert als erwartet. Da wir nicht mehr so recht wussten, wohin wir noch gehen sollten und wir auch noch einen langen Heimweg vor uns hatten, beschlossen wir, aufzubrechen. Dazu mussten wir die Rolltreppe wieder herunterfahren, da wir uns auf der obersten Etage einer Einkaufspassage befanden. Jettie, Caro und ich gingen zielstrebig darauf zu und fuhren bis zum Erdgeschoss herunter. Wir warteten auf EULE und Bastian, doch sie kamen und kamen nicht. Ein ungewöhnliches Geräusch von unten ließ mich über das Geländer schauen und dort standen EULE und Bastian im Untergeschoss der Passage. Sie schauten uns fragend an und wunderten sich, dass wir nicht zu ihnen kamen. Später stellte sich heraus, dass EULE und Bastian der Meinung waren, sie wären im Erdgeschoss und wir anderen wären falsch. So hatten sie auf uns unten gewartet. Mit lautem Rufen konnten wir sie aber überzeugen, dass sie im Untergeschoss waren, was ja auch das „U“ an der Rolltreppe aussagte. Kichernd fuhren sie mit der Rolltreppe zu uns hoch. Jettie, Caro und ich konnten uns das Lachen auch nicht verkneifen. Wir haben überhaupt viel gelacht an diesem Tag. Auf dem Weg zur U-Bahn schauten uns die Muggel verwundert an, weil wir so viel lachen mussten. Die hielten uns bestimmt für verrückt. So waren wir doch aufgefallen. Endlich kamen wir an der Station an, an der wir jettie und Caro abgeholt hatten. Die Zwei mussten noch eine Fahrkarte kaufen und das war nicht so einfach. Zwar hatten EULE und ich schon Erfahrungen mit dem Muggelautomaten, doch dieser war wesentlich komplizierter als der Letzte. Vor allem die Frage, welcher Tarif es sein sollte, stellte das größte Problem dar. Da wurde dann jede Möglichkeit unter die Lupe genommen. „Ist es dieser hier?“, fragte EULE. „Nein, der ist zu teuer“, antwortete jettie. Auf der Tafel stand: „Zur Tarifgruppe A gehören alle Stadtteile innerhalb Düsseldorfs, die nicht in 30 Minuten erreichbar sind.“ Aha!!! Wir analysierten diesen Satz Punkt für Punkt: Benrath gehört zu Düsseldorf, ist aber erst in einer Fahrzeit über 30 Minuten erreichbar. Also: Dieser Tarif ist richtig. Preislich war das auch annehmbar und so fuhren jettie und Caro nach einer ausgiebigen Verabschiedung mit vielen Knuddeleinheiten nach Hause. Wir trotteten, anders konnte man es nicht nennen, mit Tüten bepackt durch die Altstadt Richtung Rheinufer. Bastian setzte sich sofort auf den Boden, sobald wir stehen blieben, so müde war er. EULE war so platt, dass sie nicht einmal ihr Lieblingsbier trinken wollte, obwohl sie immer davon gesprochen hatte, ohne ein Glas „Uerige“ nicht nach Hause zu fahren. Unter gemeinsamen Anstrengungen gelangten wir zum Auto und fuhren hoch konzentriert in Richtung Autobahn. Auf der A3 atmeten wir auf. Es konnte nichts mehr passieren. Unterwegs sahen wir an dem Muggelfußballstadion „Veltins–Arena“ noch einen riesigen Stau. Wieso? Es war doch kein Fußball. EULE meinte: „Ach ja, Klitschko kämpft heute Abend hier.“ „Ach so, Klitschko kimpft …“, war darauf mein Kommentar. So sehr ich es auch versuchte, ich bekam einfach „Klitschko kämpft“ nicht heraus. EULE versuchte nach einem Lachanfall, mir zu erklären, wie einfach das sei und sagte: „Ja, Klitschko kämpft hier, das ist doch ganz einfach: Klitschko kämmt …“ Na, es war wohl doch nicht so einfach. Durch diese Lachtirade hatten wir ganz vergessen, Ehlana und Alena „Tschüss“ zu sagen, als wir an Gelsenkirchen vorbei fuhren. Aber sie haben uns später „verziehen“, als sie den Grund erfuhren. Dann kam das Hinweisschild zur Abfahrt „Henrichenburg“. Während der Diskussion, hier abzufahren oder doch die Abfahrt auf die A43 zu nehmen, hatten wir beide Abfahrten verpasst und waren auf dem Weg nach Dortmund. „Und jetzt?“, fragten wir uns. Wir beschlossen, erst einmal weiter zu fahren. Von der Abfahrt „Dortmund-Ost“ aus fuhren wir Richtung Lünen und von da aus nach Hause. Unterwegs rief EULE zu Hause an und fragte, ob wir aus der Pommesbude was mitbringen sollten. Der Satz „das dauert aber, wir sind in Lünen“ hätte sie besser nicht laut ausgesprochen. Ich schaute EULE böse an. Sie sollte doch nicht verraten, wo wir waren. Somit mussten wir später unsere Irrfahrt eingestehen. Als I-Tüpfelchen fragte Bastian noch: „Mama, wann sind wir in Berlin?“ „HÄÄÄÄÄ?“, kam es einstimmig aus EULEs und meinem Mund. So falsch sind wir doch gar nicht gefahren. Obwohl, wären wir auf der Bahn geblieben und weiter Richtung Hannover gefahren … Bastian hatte seine Enttäuschung, dass er zumindest heute nicht nach Berlin kam, schnell überwunden. Er freute sich über die neuen Sachen und war mit dem Verlauf „seines“ Tages vollauf zufrieden. Bei EULE haben wir noch die Pommes vertilgt und sie meinte: „Hach, wie gut würde hierzu jetzt ein Uerige passen.“ Ich lachte, dafür war es ein bisschen spät. Aber sie hatte recht. Das Uerige hätte das Essen abgerundet. Müde und geschafft fuhren auch Bastian und ich nach Hause. Es war ein sehr schöner Tag gewesen, von dem wir noch lange zehren würden. Fazit: Wir lernen dazu.