London – Das mysteriöse Verschwinden einiger Bücher in der Buchhandlung Flourish & Blotts in der Winkelgasse steht kurz vor der Aufklärung. Offenbar handelte es sich weder um einen Fehler in der Produktion noch um menschliches Versagen. Tatsächlich scheinen die jüngsten Ereignisse eher auf einen ebenso dreisten wie cleveren Coup eines gerissenen Diebes hinzuweisen.
Aber zunächst zur Geschichte: Vor Jahren verschwand eine komplette Lieferung des Unsichtbaren Buchs der Unsichtbarkeit aus besagter Buchhandlung. „Das Buch wurde bereits vor seinem Erscheinen als neues Standardwerk zum Thema Unsichtbarkeit gefeiert“, so ein Sprecher des herausgebenden Verlags. „Wir hatten sämtliche namhaften Größen auf dem Gebiet für dieses Werk verpflichten können. Die klügsten Köpfe haben über Jahre zusammengearbeitet, um die neuesten Erkenntnisse in der Erforschung und Anwendung der Unsichtbarkeit zu Papier zu bringen. Als besondere Herausforderung haben wir uns entschlossen, das Buch selbst unsichtbar zu gestalten. Damit passte es auch ganz hervorragend in unsere Erfolgsreihe, zu der unter anderem Bestseller wie Das Monsterbuch der Monster oder Das kochende Buch der guten Küche gehören.“ Der Erfolg des Bandes war eigentlich vorprogrammiert, bis die Katastrophe eintrat.
Bild von: Indigo
„Wir halten unser Sortiment immer auf dem neuesten Stand“, so der Geschäftsführer von Flourish & Blotts. „Deshalb haben wir uns gleich die Exklusivverkaufsrechte für die gesamte erste Ausgabe gesichert. Die Lieferung, die wir damals bekommen sollten, enthielt vertragsgemäß alle bis dahin gedruckten Exemplare. Einer meiner Verkäufer hat beim Lieferanten unterzeichnet, diese empfangen zu haben. Allerdings konnten wir die Bücher bis heute nicht finden.“
Damit begann ein Rechtsstreit, der lange andauern sollte. Flourish & Blotts verwies auf einen Fehler in der Produktion, wodurch die Bücher nicht nur unsichtbar, sondern gar unauffindbar wurden. Der Verlag bestritt die Vorwürfe hartnäckig, legte Druckvorlagen, Prototypen und Arbeitsproben vor, um die richtige Anwendung des Unsichtbarkeitszaubers zu beweisen. Einen Höhepunkt erreichte der Streit, als ein Verlagsvertreter vor Gericht die Angestellten der Buchhandlung als „dämlich und unfähig“ bezeichnete und ihnen vorwarf, sie könnten die Bücher nur aufgrund mangelnder Intelligenz nicht finden. Es wurde letztlich gegen den Verlag entschieden, die Produktion wurde eingestellt.
Jüngst jedoch wurde die Spur der verschwundenen Bücher heiß: Der ehemalige Auror A. Moody entdeckte bei einem Besuch bei dem ebenso reichen wie exzentrischen Privatmann R. Volpone tatsächlich einen Band des besagten Buches. Da alle Exemplare des Buches als verschollen gelten, weckte das natürlich die Neugier des Aurors. Der selbsternannte Kunstsammler Mr. Volpone, der sich zur Zeit ganz seiner Obsession für die Unsichtbarkeit hingibt, wollte sich zunächst nicht äußern. Vielmehr versuchte er unter einem unsichtbar machenden Tarnumhang zwischen seinen größtenteils unsichtbaren Möbeln zu verschwinden. A. Moodys magischem Auge jedoch konnte er nicht entgehen.
Zur Zeit wird Mr. Volpone im Ministerium vernommen. Seine Aussage könnte den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung eines Falles liefern, der die Zaubererwelt schon seit langer Zeit wie kein anderer beschäftigt. Wir stehen kurz davor zu erfahren, was in Wahrheit mit den Unsichtbaren Büchern der Unsichtbarkeit geschah. Leider lag zum Redaktionsschluss noch keine offizielle Stellungnahme aus dem Ministerium vor. Über R. Volpones Aussage und die weiteren Ermittlungen wird Sie der Tagesprophet deshalb in seiner nächsten Ausgabe ausführlich informieren.