Tourtagebuch der Schicksalsschwestern: Bradford
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Unbekannter Autor -
2. November 2007 um 00:00 -
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Bild von: sonnenschein9
„Hey du Schlafmütze“, schrie mich jemand an. Vorsichtig machte ich die Augen auf. ‚Nein, noch nicht’, dachte ich. ‚Nur noch einen kurzen Moment!’ „Nun mach schon, sonst kommst du gar nicht mehr in Schwung“, lachte ein anderer. Dann schlug ich die Augen doch auf. Die „Schwestern“ Kirley und Herman standen vor mir. „Mensch, es ist schon halb zwei. Wir wollten uns jetzt mal die Stadt angucken und dann ist Probe.“ Ich nickte und meinte: „Bin gleich fertig.“ „Hast du gestern übrigens toll gemacht!“, meinte Herman. „Das hätte ich dir gar nicht zu getraut.“ Die „Schwestern“ lachten. ‚Dann hab ich das gar nicht geträumt?’, schoss es mir erschrocken in den Kopf. Schnell versuchte ich mich zu setzen, denn irgendwie wurde mir gerade schlecht. ‚Ich habe gestern wirklich mit den Schicksalsschwestern gespielt.’
„Hey, was ist denn mit dir los?“, fragte Heathcote. „Wir brauchen dich noch!“ Ich atmete tief durch. „Ich brauch frische Luft“, sagte ich kurz, schluckte einmal kräftig und trat aus dem Bus heraus. ‚Wo waren wir eigentlich?’ – Ach ja, Bradford. Diese Stadt hat ungefähr 500.000 Einwohner und war bis 1840 eher unbedeutend. Dann entwickelte sich hier und in den Nachbarstädten Halifax und Huddersfield die industrielle Wollverarbeitung und wurde bald zum Zentrum der Woll- und Garnlieferung für Lancashire.
„Und was gibt es hier zu sehen?“, fragte Gideon, der noch nie so wirklich in England unterwegs war. „Mal sehen“, meinte ich. „Wir haben eine kleine Pfarrkirche, die gotisch geprägt war...“ Ich hörte ein Stöhnen. „Schon wieder ne Kirche?“ „Okay, dann gibt es hier noch zwei Industriedenkmäler – zum einen die Textilfabrik, zum anderen eine Arbeitersiedlung. Ansonsten haben wir noch eine Cartwright Art Gallery und das National Media Museum.“ „Dann machen wir folgendes: Wir gehen in die Textilfabrik, weil mich das interessiert, und dann noch in das Media Museum“, meinte Merton. Keiner hatte Einwände, also machten wir uns auf den Weg. Es war schon seltsam zu sehen, wie Muggelkleidung hergestellt wurde. Ich war beeindruckt. So viel Handarbeit. Das könnte ich nicht.
Das Media Museum hatte allerdings wirklich nur seltsame Dinge ausgestellt. Kaum etwas zur Musik. Meistens ging es um Fernsehstars und Fernsehen im Wandel der Zeit. „Wozu braucht man die?“, fragte Myron. Er hatte wohl noch nie einen Fernsehfilm oder gar einen Kinofilm gesehen. „Damit unterhalten sich die Muggel“, meinte ich. „Komische Leute!“ Ich verkniff es mir, ihm zu sagen, dass die Menschen, die hier ausgestellt waren, dann in dem kleinen Kasten zu sehen war. Obwohl? Es wäre eine schöne Reaktion. Ich schmunzelte und wollte gerade ansetzen, als das Handy klingelte. Es war Ryan, der schon wieder tobte. „Leute, wir haben die Zeit schon wieder verpennt!“, meinte Kirley erschrocken. Wir rasten los. Ryan wollte uns gerade zusammenfalten, als ich meinte: „Ich war Schuld. Ich kam nicht aus dem Bett!“ Ryan murrte nur und wir begannen zu spielen. Ryan wurde immer ruhiger, da er endlich merkte, dass wir gar nicht so schlecht waren. Nach einer Stunde Probe knurrte mir der Magen und wir machten uns über das herrliche Buffet her.
„Nun kommt schon“, meinte Kirley mal wieder nervös. Aber auch mir war nicht mehr zum Lachen. In Gedanken ging ich die Songs noch einmal durch. „Wie war das doch gleich?“ Angst machte sich in mir breit, denn heute hatte ich ein Solo am Anfang. Mit schlotternden Knien ging ich an das Schlagzeug und setzte mich. Tiefdurchatmend setzte ich den ersten Schlag mit den Sticks und ein wohliges Gefühl machte sich in mir breit. Dann ging alles von alleine und schnell wurde ich mutiger. Die Fans tobten. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sogar der Manager im Takt wiegte und endlich mal ein Lächeln auf sein Gesicht ließ. Nach drei Stunden und unzähligen Zugaben war ich froh, dass das Konzert ein Ende fand. Mir fielen so langsam aber sicher die Arme ab, aber ich war auch stolz auf mich. Das zweite Konzert in Folge mit den Schicksalsschwestern. So etwas hätte ich mir nie träumen lassen.