Mittlerweile steht fest, dass es sich um keinen Betrugsversuch handelt und das scheinbar Unmögliche wahr geworden ist.
Eines der gefährlichsten Tierwesen, das normalerweise nur von zumindest hundert geübten Magiern gebändigt werden konnte, stellt kein Risiko mehr dar.
Es ist bekannt, dass die riesigen Raubkatzen seit Jahrzehnten in dieses Reservat gebracht werden und es mittlerweile keine wildlebenden Exemplare mehr gibt. Dies wird durch den deutlichen Rückgang von Seuchen und Epidemien, die durch den giftigen Atem der Tierwesen ausgelöst wurden, belegt. Genauso weiß man, dass die Forscher schon lange Zeit versuchen, die Ernährung der Nundus von Fleisch auf Obst und Gemüse umzustellen. Das ist neben der Reservatbildung das zweitwichtigste Anliegen gewesen, da der tödliche Atem nur dadurch entsteht, dass die Nundus die Krankheiten des verendeten Lebewesens über das Fleisch aufnehmen und massenweise verbreiten.
Allerdings funktionierte anfangs nicht alles wie geplant. „Wir legten nur Wert darauf, dass es irgendeine Frucht sein muss. Immerhin unterscheiden die Nundus sonst auch nicht zwischen frischem und halb verwesenem Fleisch. Leider traten dabei einige Komplikationen auf, so dass wir zu einer Mischkost zurückgreifen mussten“, berichtet ein Reservatmitarbeiter.
Die Forscher hatten nicht erwartet, dass leichter – normalerweise belangloser – Pilzbefall der Früchte sich auf den Atem der Nundus übertragen würde. Dieser Irrtum konnte jedoch schnell behoben werden. Dabei fand man heraus, dass die Halbwertszeit des giftigen Atems deutlich herabgesetzt und die Konzentration schwächer war, so dass einfache Masken, mit Protego-Zaubern ausgestattet, ausreichend Schutz vor den Pilzen boten.
Jedoch wurde der Fortschritt der experimentellen Nahrungsumstellung somit schon zu Beginn verlangsamt. Man musste warten, bis die neu gebildeten Gifte unwirksam wurden, und man musste vor allem ausreichend frische Früchte für die Tierwesen herbeischaffen.
Nun gelang es vor wenigen Monaten, eine Gruppe von fünfzehn Raubkatzen ganz zu Vegetariern zu machen. Eines der Weibchen darunter bekam vor kurzem vier Kätzchen – ein unglaublicher Erfolg für die Zucht! Um das Überleben aller Jungtiere zu sichern, musste eines von der Nundudame getrennt werden und mit der Flasche aufgezogen werden.
„Wir hatten schon öfters Würfe von ein bis zwei Jungtieren, so konnten wir uns nach den früheren Beobachtungen orientieren und versuchten so viel wie möglich von der normalen Aufzucht zu kopieren“, erklärt eine Pflegerin.
Trotzdem gab es unübersehbare Unterschiede, die sich deutlich an dem Verhalten der Geschwister studieren ließ. Tham – der Pflegenundu – war im Vergleich deutlich ruhiger und reagiert gelassener auf Veränderungen im Umfeld. Dazu kommt, dass er Menschen gegenüber kaum Scheu zeigte.
„Wir machen derzeit große Fortschritte, was das Wissen über das Verhalten der Nundus betrifft. Durch die unterschiedliche Aufzucht haben wir zum Beispiel erkannt, dass die Aggressivität – wie ursprünglich angenommen – nicht angeboren ist, sondern durch bestimmte Auslöser in der Erziehung aktiviert wird“, gewährt Thams Pflegerin einen weiteren Einblick.
Genaue Ergebnisse werden erst in den nächsten Jahren vorliegen, immerhin ist der erste zahme Nundu erst sechs Monate alt. Jedoch sind die Forscher sich bereits sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Es steht mittlerweile fest, dass Tham in der nächsten Zeit wieder mit seinen Geschwistern vergesellschaftet wird. Dabei wird erwartet, dass vor allem die zwei Weibchen sich an seinem gelassenerem Verhalten orientieren werden und somit auch zahmer werden, als ihre immer noch fleischfressenden Verwandten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Nundus eines Tages zu Haus- oder Wachtieren erzogen werden können, bleibt verschwindend gering und eine derartige Umerziehung ist ebenso unmöglich. Jedoch wird überlegt, dass man bei weiteren Erfolgen auch der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben kann, die Nundus in ihrem Reservat zu besuchen und ohne Gefahr hautnah zu erleben.
Bild von: Caxirta