Artemis & nela
ZitatAlles anzeigenWasserwesen und Jugendstreiche
Wieder einmal lag eine ganz besondere Spannung in der Luft. Es knisterte vom hintersten
Winkel des Schlosses bis in die Tiefen des Verbotenen Waldes. Das Wasser des Schwarzen
Sees kräuselte sich zeitweilen ob der entstehenden Energie. Nach den ruhigen Sommerferien
näherte sich der Schulstart in Hogwarts mit großen Schritten. Bald würde man den Hogwarts-
Express über die Hügel schnaufen hören, bevor er sich im Bahnhof Hogsmeade ausruhen
konnte.
Tenebrus stampfte nervös mit dem Huf auf den weichen Waldboden. Jeden Moment würde
der Wildhüter Hagrid auftauchen, um sie abzuholen. Prüfend ließ er seine Augen über die
Herde gleiten. Stygia, Murk und Dimus würden dieses Jahr das erste Mal vor den Kutschen
stehen. Hoffentlich stellten sie keinen Unsinn an. Auch wenn er nicht der älteste Thestral war,
so fühlte er sich doch verantwortlich, dass alle Schüler sicher im Schloss ankamen. Endlich
führte Hagrid die Thestralherde sicher zum Bahnhof Hogsmeade und schirrte sie vor den
Kutschen an. Langsam kam die Herde zur Ruhe. Nur hie und da hörte man noch ein leises
Schnauben. Dennoch gefielen Tenebrus die Blicke von Stygia nicht, die sie Murk und Dimus
zuwarf.
Währenddessen schwamm Tilda im Schwarzen See ungeduldig hin und her, auf und nieder.
Sie konnte es kaum erwarten, dass sich der Himmel verdunkeln würde und schaute unablässig
zur Wasseroberfläche hinauf. Da kam die Anführerin Murcus zu ihr und ermahnte sie
eindringlich, sich zu zügeln. Die Wassermenschen pflegten sich nicht in die Angelegenheiten
der Schüler einzumischen. Eine leichte Dunkelheit unterbrach das Gespräch der beiden, als
Dutzende Boote aus Richtung des Schlosses zum Bahnhof Hogsmeade fuhren. In Tildas
Augen waren wieder kleine Lichtblitze zu sehen, die Murcus zum Glück entgingen. Aber
Tilda war nicht die Einzige im Schwarzen See, die freudig ungeduldig war. Der Riesenkrake
bewegte sich langsam aus seinem Versteck und schwebte geistgleich inmitten der Algen.
Seine Augen folgten den Booten und er fragte sich, ob er dieses Jahr wieder das Vergnügen
haben würde, mit den unachtsamen Schülern zu spielen. Die Boote legten alsbald am anderen
Ufer an und in der Ferne wurden schon die Lichter des Hogwarts-Express sichtbar.
Zur gleichen Zeit hastete der Hausmeister Argus Filch durch die Schlossgänge von Hogwarts,
scheuchte die Geister aus den Gepäckräumen und drohte Peeves mit hoch erhobenem Besen.
Seine Katze Mrs. Norris folgte ihm auf Schritt und Tritt und ließ ab und zu ein Fauchen von
sich hören. In der Küche herrschte Hochbetrieb. Dutzende Hauselfen bereiteten Unmengen
von Speisen zu und der Küchenchef Pitts dirigierte diese an die richtigen Plätze. Eine kleinere
Gruppe Hauselfen hatte sich bei den Gepäckräumen eingefunden. Fleißig putzten sie
nochmals den Boden sauber und rückten die Hausschilder gerade. Im unterirdischen Hafen
von Hogwarts wurde ebenfalls nochmals nach dem Rechten gesehen und alles für die Ankunft
der Erstklässler vorbereitet. Doch nicht nur das Hauspersonal bereitete sich vor. Auch die
Lehrer, die sich bereits in Hogwarts eingefunden hatten, legten ihre Arbeitsumhänge an und
begaben sich langsam in die Große Halle.
Das Makrofon schallte über die Ländereien, als der Hogwarts-Express im Bahnhof
Hogsmeade einfuhr und zischend zur Ruhe kam. Lautes Stimmengewirr erfüllte die Luft, als
zig Schüler auf den Bahnsteig strömten. Gepäckstücke wurden durch die Gegend geschubst und Eulen kreischten in ihren Käfigen. Da ertönte eine laute Stimme: „Erstklässler!
Erstklässler hier rüber!“ Die Erstklässler folgten der Stimme in die laue Nacht hinaus,
rutschten einen schmalen, steilen Pfad hinunter und folgten einer Biegung zum Schwarzen
See. Die älteren Schüler versammelten sich bei den Kutschen und nahmen Platz. Das
Bahnpersonal half den mitgereisten Lehrern mit den vielen Koffern.
Als alles verstaut war, setzte sich die Wagenkolonne langsam in Bewegung. Tenebrus spürte
immer wieder vereinzelte Blicke derjenigen Schüler auf sich, die Thestrale sehen konnten.
Aus den Augenwinkeln sah er, dass Stygia ihre Schritte an der nächsten Abbiegung nach links
lenkte und Murk und Dimus ihr folgten. Verärgert schüttelte Tenebrus seinen Kopf, folgte
aber dennoch weiter der vorgegebenen Route. Wachsam hielt er nach den drei Ausreißern
Ausschau, die sich jedoch bei der nächsten Wegbiegung wieder in die Wagenkolonne
eingliederten. Da kam auch schon das zweiflüglige Eisentor in Sichtweite und sie passierten
ohne weitere Vorkommnisse die steinernen Säulen mit den geflügelten Ebern. Vor dem
Schlossportal hielten die Thestrale an und die Schüler stiegen aus den Kutschen aus.
Anscheinend hatten die Passagiere der drei Ausreißer ihren ungewöhnlichen Ausflug nicht
mitbekommen. „Was sollte das?“, wollte Tenebrus von Stygia, Murk und Dimus wissen, als
alles ausgeladen war. „Wir wollten etwas Pep und Abwechslung reinbringen“, feixten sie.
Die Erstklässler fuhren unterdessen mit den Booten über den Schwarzen See und bestaunten
das Schloss. Tilda konnte sich nicht mehr ruhig halten und schoss einen warmen Wasserstrahl
mit ihrem Speer ab. Dieser traf den Riesenkraken und kitzelte ihn dermaßen, dass er eine
große Tintenlache ausstieß. Der See verfärbte sich stellenweise in einem dunklen Lilaton,
wovon die Leuchtfische angezogen wurden. Dies erzeugte im See eine mystische Stimmung
mit blitzenden Lichtern, wovon die Erstklässler noch mehr von Hogwarts beeindruckt waren.
Wütend knöpfte sich Murcus Tilda vor und wies sie mit kriegerisch gezücktem Speer zurecht.
Zwischenzeitlich passierten die Boote bereits den Efeuvorhang und glitten in den Hafen ein.
Enttäuscht zog sich der Riesenkrake zurück, da er diesmal nur gekitzelt worden war und
keinen Schüler in die Tentakeln bekommen hatte. Vielleicht ergab sich ja ein anderes Mal
eine Gelegenheit.
Vor dem Schlossportal zog und zerrte Filch die vielen Koffer ins Innere des Schlosses bis zu
den Gepäckräumen. Etliche Male musste er hin und her rennen, um alles einzusammeln.
Dabei fluchte er pausenlos vor sich hin und verwünschte die Schüler wieder und wieder.
Warum konnten sie ihre Koffer nicht leichter packen? Nach getaner Arbeit verzog er sich mit
Mrs. Norris im Schlepptau in sein Büro. Nun erschienen die Hauselfen in den Gepäckräumen
und ordneten die Koffer nach den Häusern Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin.
Das Gepäck der älteren Schüler brachten sie mit einem Fingerschnipsen in die jeweiligen
Gemeinschaftsräume, während das Gepäck der Erstklässler noch auf die Hauseinteilung des
Sprechenden Hutes wartete. In der Küche legte Pitts die letzten Handgriffe an das Festmahl.
Die Energie hatte das Schloss erreicht, ein neues Schuljahr hatte begonnen.