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Der Untergang der Stadt Passau  
Der Untergang der Stadt Passau

von Carl Amery
 
Vorgestellt von: Markus (Slytherin)


Allgemeines zum Buch Der Untergang der Stadt Passau und dem Autor Carl Amery

Carl Amery ist ein sehr vielseitiger, doch in der breiteren Öffentlichkeit viel zu wenig gewürdigter deutscher Schriftsteller. Geboren wurde Christian Anton Mayer (sein Künstlername Amery ist ein Anagramm seines Nachnamens) 1922 in München, wo er 2005 auch starb. Als Sprach- und Literaturwissenschaftler schrieb er zunächst satirische sozial- und kirchenkritische Romane und Kurzgeschichten und engagierte sich früh für ökologische Fragestellungen und Probleme in der Politik. Nicht nur durch seine Bücher und Reden prägte er das ökologische Denken in Deutschland, er engagierte sich auch selbst politisch zum Beispiel als Gründungsmitglied der Grünen.
In den siebziger Jahren verwendete er die Stilmittel der Science-Fiction, um durch deren typische Fragestellungen „Wenn das so weitergeht“ oder „Was wäre, wenn“ auf Probleme des Hier und Jetzt hinzuweisen. Dabei bleibt Amery auch in seiner Science-Fiction auf dem Boden und verwendet sein beträchtliches Wissen über Bayern und die katholische Kirche (er schrieb auch vielbeachtete geschichtliche und kirchenpolitische Abhandlungen), um dem Leser eine fundierte Projektion seiner Ausgangsideen zu diesen Fragen zu liefern.

So auch in dem 1973 herausgegebenen Buch „Der Untergang der Stadt Passau“, das innerhalb der Science-Fiction zu den Weltuntergangssgeschichten (post-doom-story) gehört. Amery bezeichnet sie selbst als Fingerübung, die er unter dem Einfluss des Referenzromans dieser Gattung, „Ein Lobgesang auf Leibowitz“ von Walter M. Miller, schrieb: „Da kam´s mir nur darauf an, das Ganze einmal weiß-blau durchzuspielen. Und somit ist die Wiedergeburt der Politik das eigentliche Thema“.
Da hinter der Erzählung viele Gedankenanstöße und aktuelle politische Anmerkungen satirisch knapp eingeflochten sind, ist dieses Buch eher für ältere Leser (ab 15 Jahren) zu empfehlen.

Inhaltsbeschreibung zum Buch Der Untergang der Stadt Passau von Carl Amery

Eine weltweite Seuche hat die Bevölkerung fast ausgelöscht; nur etwa jeder Fünfzigtausendste überlebte. Nachdem die Infrastruktur zusammengebrochen ist, bilden sich verschiedene Überlebensstrategien. Während einige der Überlebenden sich in den warmen Süden aufmachen und von den Hinterlassenschaften leben, bilden sich nomadisierende Jägergruppen oder, wie die um Rosenheim lebenden Bewohner, kleine Gesellschaften, die in Eigenproduktion von Jagd und Landbau leben.
Auf der anderen Seite versucht der „Scheff“, die Zivilisation zu retten, in dem er in Passau ein neues Machtzentrum anlegt und die technischen Hinterlassenschaften sammelt und versucht zu nutzen. So schafft er es, mit einer alten Turbine Strom zu erzeugen, und lockt damit auch eine Gesandtschaft der Rosenheimer nach Passau.

Nachdem man in Rosenheim von den elektrischen Lichtern in Passau gehört hat, zieht Lois mit seinem Ziehsohn Marte zu der Stadt, die vom „Scheff“ in einer Art Feudalherrschaft geleitet wird.
Die Ressourcen in Passau sind hauptsächlich die Hinterlassenschaften aus den Zeiten vor der Katastrophe, die zunächst noch im Überfluss vorhanden sind, wodurch zunächst der Mangel an natürlichen Ressourcen ausgeglichen werden kann.
So ist es zum Beispiel noch rentabel, einfach Konserven auszukochen, um aus der Salzlake Salz zu gewinnen.
Doch es ist abzusehen, dass die technischen Errungenschaften ohne die Wartungsarbeiten der Spezialisten der Vorseuchezeit früher oder später nicht mehr verwendbar sein werden und die Lebensmittel und sonstige Güter aus der Vorzeit nach und nach verbraucht werden.
Daher versucht der „Scheff“, die Rosenheimer notfalls mit Gewalt aus dem Weg zu den Salzstöcken zu schaffen. Dies erkennt Lois mit seinem Wissen aus der Zeit vor der Katastrophe. Marte hingegen, der ein Repräsentant der neuen Generation ist, lässt sich zunächst vom augenscheinlichen Luxus blenden, erkennt dann aber ein anderes Problem der Stadt: Während der „Scheff“ mit wenigen halbwegs gut ausgerüsteten „Spezialisten“ (zum Beispiel dem einzigen Sekretariat in Europa) versucht, eine totalitäre Gesellschaft aufzubauen, gehört der Großteil der Bevölkerung als „Laien“ nicht zur neu geschaffenen „Elite“. In der Diskrepanz der einfachen, naiven Mündigkeit von Marte und der dekadenten Schickeria in Passau kommt es zu folgenschweren Streitigkeiten. Die beiden Rosenheimer entkommen knapp aus der Stadt und können ihre Gruppe zu Hause warnen, während bei den Verfolgern die sozialen Probleme zu eskalieren beginnen und der technische „Fortschritt“ auf den verschwindenden Straßen versagt.

Neben dem eigentlichen Handlungsstrang gibt Amery dem Leser einen zweiten Blick auf die Geschehnisse. Rückblickend aus dem Jahr 131 post pestilentiam zeichnet ein Geschichtsschreiber den Kampf der sich verbündenden nomadischen Jägergruppen und der Rosenheimer um Passau auf. Daneben gibt Amery auch individuelle Einblicke auf die Akteure, deren Werdegang in kurzen Einschüben beschrieben wird.

Die Meinung von Markus (Slytherin) zu Der Untergang der Stadt Passau von Carl Amery

Dieses Buch ist kurz, kurzweilig und mit seinen satirischen Elementen gut zu lesen. Der Lokalkolorit und die an historische religiöse Geschichtsschreibung angelehnten „Rückblicke“ auf den Kampf um Passau mag manchen Lesern beschwerlich vorkommen, ist auf der anderen Seite aber gerade für den deutschen Leser sehr reizvoll.
Im Gegensatz zu vielen anderen Romanen mit Weltuntergangsszenarien hat Amery nicht die Katastrophe selbst oder eine Zeit weit danach beschrieben. Seine Erzählung spielt in der Zeit des ersten Generationswechsels zwischen den Menschen, die vor der Katastrophe aufwuchsen und sowohl Kenntnisse, Träume, Hoffnungen und demzufolge auch ihre Hoffnungslosigkeit mitbringen, und den Kindern der neuen Welt. Dadurch schafft es Amery, Spannungsbögen zwischen Gesellschaften, Zeitaltern, Ideologien und Generationen aufzubauen und zu verweben.
Auch die Charaktere sind, auch wenn sie nur kurz dargestellt werden, in ihren Handlungen allesamt menschlich und nachvollziehbar dargestellt. Es gibt dabei kein gut-böse, schwarz-weiß (nur ein weiß-blau).
Insgesamt ist das Buch so vielschichtig, dass es verwundert, dass es bereits nach etwas mehr als 120 Seiten zu Ende ist.

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